Nachschub rollt?

Lohnt sich der Besuch von Radrennen mit der Kamera? Durchaus! Man muss nur ein paar Dinge dabei bedenken, und da wird es dann „irgendwie komisch“

Nicht im Sinn von lustig jedenfalls, offenbart an dieser Stelle doch der Fachhandel in Deutschland seine Unfähigkeit! Was sich da abzeichnet darf mit Recht als Offenbarungseid verstanden werden. Kamera verkaufen kann man, aber wenn es dann ans nötige Zubehör geht ist das Regal leer.

Was meine ich? Auch wenn sich die Werbung mit den Glanzlichtern schmückt ist doch etwas mehr zu beachten, wenn man eine dafür geeignete Kamera sucht. Leider ist das beileibe nicht so einfach wie der Handel gern tut. Solange ich nur fotografieren will ist es technisch einfach. Auspacken und loslegen. Jedenfalls im Prinzip.

Bei Video schaut die Sache schon ganz anders aus. Eine GH6, ein 12-60mm und ein Mikrofon wären die Grundausrüstung, mit der man ein Rennen im Wesentlichen erfassen könnte. Grundsätzlich reicht das aus.

Will man den „Workflow“ danach aber beschleunigen fangen die Probleme an!

So hat sich jeder Hersteller seine eigenen Formate ausgedacht. Will heißen, bis das Schnittprogramm mit den Videoclips was anfangen kann muss erst mal konvertiert werden. Zwar enden die Dateien alle auf MOV oder MP4 – das sind aber nur die Container, sozusagen also die Umverpackung, und sagt wenig über dessen Inhalt. Die eigentlichen Videodaten sind nicht genormt. Diese Anpassungen wiederum können je nach Rechner Stunden dauern. Ein Horror wenn das Ergebnis erwartet wird.

Aber es gibt Lösungen. Ein Fieldrecorder wie der Atomos Ninja löst diese Probleme, da er auf einer SSD aufzeichnet. Die zieht man hinterher heraus und steckt sie in einen am PC angeschlossenen Adapter, womit sie faktisch eine eingebaute Festplatte wird und auch so verwaltet werden kann. Der Kopierprozess kann entfallen. Auch das dort eingesetzte Format kann zumindest im Prinzip von gängiger Software direkt verarbeitet werden.
Der Nachteil? Auch da gibt es drei verschiedene Ausführungen, je nachdem für welche Kamera man es braucht. Zwar erfolgt die Ausgabe über HDMI, aber auch da gilt wie vor: drei Hersteller, fünf verschiedene Formate! Und du wirst im Vorbeigehen ungefähr 1000 Euro los, sofern der Fachhandel überhaupt liefern kann.

Der richtet sich eben darauf aus dass Läden heute überflüssiger Luxus sind. Viele Läden sind heute Teil von Ketten, deren wesentliches Standbein der Onlineshop ist und der Laden nur das Zubehör. Man soll alles bestellen, was zum einen dahin führt dass man nichts mehr kurzfristig bei Bedarf nachbeschaffen kann, weil Bestellungen gern wochenlang dauern, zum anderen wird man so gezwungen auf Verdacht alle möglichen Teile zu kaufen weil es eben nichts kurzfristig gibt. Was das an Geld kostet weil man etwas Exotisches vielleicht nur zweimal braucht muss ich kaum erörtern.

Da käme dann das Bindeglied zwischen Recorder und Kamera ins Spiel, der Cage. Dieser Käfig dient nicht zum Einsperren. Er bietet die Möglichkeit, eben dort Zubehör anzubringen wo das seitens der eigentlichen Kamera nicht vorgesehen ist. Schrauben und Ösen, ihr versteht?

Auch da wieder dasselbe Spiel. Jede Kamera braucht ihren eigenen Käfig, weil der eben nur da passt, und lieferbar ist der meistens auch nur auf Bestellung. Auf Fahrräder übertragen wäre das so, dass man einen Ersatzschlauch nur auf Bestellung bekommt weil es sich für den Händler nicht lohnt den vorrätig zu halten.

Da bleibt unterm Strich die Frage: Kommst du mit dem Möbelwagen zum Rennen, um dort alles Zubehör vorhalten zu können das man eventuell braucht, und nur mit ewig langem Vorlauf überhaupt bekommt? Kaum. Wenn ich heute eine Ausschreibung lese für ein Rennen nächste Woche und bei der Prüfung feststelle dass ich dafür eigentlich Zubehör bräuchte ist es fast aussichtslos, das beschaffen zu wollen. Rechtzeitig ist halt ein dehnbarer Begriff! Manche Händler lassen sich für Waren, die sich bereits im Lager befinden, eine Woche Zeit, und andere brauchen ein halbes Jahr, um etwas zu besorgen. Da muss man wirklich fragen ob die wirklich wollen. Verdienen die ihr Geld mit zufriedenen Kunden oder im Schlaf? Auf derlei Unwägbarkeiten irgendeine Art von Planung aufsetzen zu wollen – und Videos sind Konzeptsachen, die nun mal auch davon abhängen ob gewisses Zubehör dann auch verfügbar ist – ist abenteuerlich!

Ich habe alle gängigen Händler zwischen Darmstadt und Düsseldorf geprüft, und eine Pleite nach der anderen erlebt! Die Zustände im deutschen Fachhandel sind beklagenswert, kundenunfreundlich und praxisuntauglich. Da muss sich niemand beschweren wenn die Aufträge ausbleiben.