Konstanz

„Konstanz“ bezeichnet mehrere Dinge. Wir wollen heute über die Stadt reden.

Konstanz als regionales Zentrum eine Pfahlbausiedlung zu nennen ist nicht völlig abwegig. Sie steht förmlich auf einem Wald, auch wenn man das oberflächlich zunächst nicht merkt. Der Boden ist jedoch nicht hinreichend tragfähig, um darauf Häuser zu bauen, teils weil es aufgeschüttetes Gelände ist, teils weil die Stadt wirklich im See steht. Also hat man Bäume in den Boden gerammt und darauf gebaut. Dass diese Technik bereits seit Jahrtausenden verbreitet und bewährt ist sieht man einen Seearm weiter in Unteruhldingen. Da hat man ein ganzes Dorf aus der Steinzeit nachgebaut. Ein Besuch des Museums lohnt!

Im Hafen liegt heute als Restaurant das erste Fährschiff der Verbindung vom Konstanzer Stadtteil Staad nach Meersburg. Das Schiff heisst ebenfalls Konstanz. Siehe Titelbild. Vom Bahnhof aus kommt man mit dem Bus der Linie 1 nach Staad, oder man wandert am See entlang. Dabei führt der Weg am Hörnle vorbei, einer einzigartigen Einrichtung. Das Hörnle, oder wie es offiziell heisst Strandbad Horn, ist 50.000 Quadratmeter groß und gemäß eines Stiftungsvertrags dauerhaft eintrittsfrei und jederzeit geöffnet. Besonderen Luxus sollte man dort nicht erwarten, aber man kann dort zu jeder Tages-, Nacht-, oder Jahreszeit baden, wenn einem danach ist. Aufsicht gibt es natürlich nur zu bestimmten Zeiten während der Saison. Hin kommt man entweder zu Fuss oder mit dem Bus 5.

Geschichtlich betrachtet zeugt dann ein Gebäude gleich neben der Bahnlinie von der Niedertracht der Menschheit. Ich meine das Konzilgebäude. Diese Kirchenversammlung von 1414 bis 1418, zu der zeitweise gleich drei verschiedene Päpste zugleich amtierten und jeder für sich Unfehlbarkeit reklamierte zeigt die Zustände in der katholischen Kirche schon damals, und bis heute. Da brauchte keiner warten, bis rund hundert Jahre später Martin Luther das öffentlich machte.

Im Hafen steht auf einer drehbaren Säule an der Einfahrt Imperia, und das jetzt seit dreißig Jahren. Die Figur in Überlebensgröße stellt eine – sagen wir es deutsch – Dirne aus der Zeit des Konzils dar und erinnert daran wie es da mit Sitte und Moral der Erlauchten bestellt war. Was sie redeten und bis heute reden, und was sie dann tun, war eben schon immer Zweierlei.

Wie es mit Vertrauensseligkeit und Glaubwürdigkeit mancher Autoritäten da aussah zeigt ergreifend das Schicksal von Jan Hus. Unter Zusicherung freien Geleits eingeladen hatte man dort wenig Besseres zu tun als den Kritiker zusammen mit anderen schleunigst auf dem Scheiterhaufen zu „entsorgen“, und meinte so Probleme im Glaubensstreit lösen zu können. Aus den Augen, aus dem Sinn? Das funktionierte damals so wenig wie heute, diese Ereignisse führten in der weiteren Folge zweihundert Jahre später zum Dreißigjährigen Krieg! Meuchelmord war also schon da Mittel zum Zweck in der globalen Politik!

Man kann die Stadt üblicherweise gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Sie liegt am Endpunkt der Schwarzwaldbahn, die von Offenburg kommend das Ziel in gut zwei Stunden erreicht. Verbindungen von Stuttgart her sind derzeit wegen der dortigen Bauarbeiten schwierig. Aus der Schweiz kommt man dagegen problemlos da hin, es gibt regelmäßige Verbindungen. Im alten Schweizer Bahnhof residiert heute ein Sportgeschäft, und vom Bahnhof selbst ist lediglich ein Fahrscheinautomat übrig geblieben. Zudem kontrolliert der deutsche Zoll. Es ist auf dem Papier halt eine Außengrenze.

Dabei muss man aufpassen. Die Grenze zur Schweiz ist fließend und führt quer durch Hinterhöfe mitten durch die Stadt. Ein Umstand, der den Konstanzern im 2. Weltkrieg den Allerwertesten gerettet hat, haben die doch weisungswidrig einfach nicht verdunkelt und waren so aus der Luft nicht von Kreuzlingen nebenan zu unterscheiden. Die aktiven Zollstellen liegen mitten zwischen den Häusern.

Was gibt es sonst noch zu erwähnen? Manches!

Wer dort zum Beispiel einen Fahrradladen sucht findet einen gleich beim Bahnhof, wo es aus der Tür neben dem Blumenladen nach heißem Kleber riecht, oder gegenüber vom Schnetztor, der unter der Erde in einer ehemaligen Fussgängerunterführung logiert. Seltsame Stadt, seltsame Orte! Die Ladenzeile endet vorne bei den Bürgerstuben. Links die Ansichtskarten, rechts die Handtaschen und Hüte vom Ständer.

Apropos seltsam: Am Samstag war in der Stadt Chaos. Die Autos stauten sich vom Lago, dem Einkaufszentrum am Hafen, bis hinter das Schnetztor, also etwa einmal die Altstadt runter, und der Grund dafür waren Bauarbeiten. Man baut die Straße, die von der Rheinbrücke kommend die Laube runter Richtung Schweiz führt und früher mal via Bahnhof wieder zur Rheinbrücke zurück führte, um. Loch an Loch und hält doch? Jetzt funktioniert gar nichts mehr! Von Besuchen mit dem Auto rate ich derzeit dringend ab! Nehmt Bus und Bahn oder lasst es sein! Aber: auch die Stadtbusse müssen durch das Chaos und fahren darum kaum nach Fahrplan.