Hinterzarten

Noch ein staatlich anerkannter Kurort – werden manche jetzt sicher denken.

Es ist aber etwas mehr, wenn man genauer hin sieht. Die rund 25 Kilometer östlich von Freiburg gelegene Gemeinde umfasst einiges mehr als eine handvoll Häuser, Hotels, Kurbetriebe. Sie reicht genauer vom tiefsten Punkt am Sternenrank mit rund 700 m. NN. bis fast an den Feldberg mit rund 1400 m. NN..

Ich habe hier ein elfminütiges Video gedreht:

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Es ist eine Region der Widersprüche. Der Name leitet sich her von der Höllentalstraße, wobei der Ort „hinter der Strasse“ liegt, verglichen mit dem Gegenstück, Breitnau, das in dieser Überlieferung als „vor der Straße“ gelegen bezeichnet wird. Beide Dörfer bilden heute eine Verwaltungsgemeinschaft. Der zweite Namensbestandteil steht in der Dorfmitte: Maria in der Zarten, die Kirche.

Aus Richtung Freiburg gesehen stimmt die historisch begründete Einschätzung, denn zwischen Freiburg und Hinterzarten liegt das Höllental, und da musste auch Marie Antoinette seinerzeit auf dem Weg nach Paris zu ihrer Hochzeit durch!

Auch wenn das Ganze im Naturschutzgebiet liegt – große Teile des Schwarzwalds sind ein Reservat – hat sich die besagte Verbindungsstraße von einem historischen Karrenweg zu einer Quasi-Autobahn gemausert, die heute eine Schneise durch das Höllental pflügt. Tempomäßig ist alles zwischen 130 im Tal und 10 km/h für LKW am Berg an der engsten Stelle zu finden. Auch das Verkehrshindernis namens Falkensteig – das Straßendorf, durch das man durch muss, hat sich zu einer Tempo-30-Zone erklärt und bekräftigt den Wunsch nach Ruhe mit gleich drei Blitzersäulen entlang der Fahrbahn. Dort ist dann in der Folge regelmäßig ein langer Stau. Riecht gut …
Am Talrand verläuft parallel genau daneben die Höllentalbahn, die steilste einspurige Hauptbahn Deutschlands. War sie anfangs mit Dampflokomotiven und Zahnrad betrieben so ist sie heute zusammen mit weiteren regionalen Linien eine Hauptachse im S-Bahnnetz Freiburgs, das so den Kaiserstuhl mit dem Hochschwarzwald verbindet und darüber hinaus bis Villingen reicht. Früher fuhr sogar ein Eilzug bis München, der legendäre Kleber-Express, wobei man aufpassen musste dass der auf der Rampe bloss nicht zum Stehen kam, weil die beiden 218er den Zug nicht wieder in Fahrt bekommen hätten!

Nach Hinterzarten zu kommen ist also kein Problem. Dort sein Auto abzustellen schon eher! Das Tagesparkticket kostet derzeit 6 Euro, zu zahlen am Groschengrab in Münzen. Es gibt neben den Parkplätzen der Hotels zwei Sammelparkplätze, einmal gleich am Dorfeingang links und ein weiterer am Bahnhof. Platz ist auch an nachfragestarken Tagen genug, seitdem der Durchgangsverkehr am Dorf vorbei geleitet wird und der „Hinterausgang“ nur noch für Anlieger nutzbar ist. Man käme dort auf kürzestem Weg unter Umgehung des Titisees und seiner weiträumigen Umfahrung auf die Straße zum Feldberg.

Das ganze Dorf ist eine Tempo-30-Zone – an die sich zur Freude des Kämmerers immer einige nicht halten. Man solte also beim Überqueren der Straße aufpassen, dass einem nicht ein eiliges Taxi auf dem Weg zum Bahnhof den A… abfährt!

Wer sich dort umsieht wird nicht nur die Sehenswürdigkeiten entdecken, sondern auch die seit Monaten andauernde Geldvernichtung erkennen. Getreu dem Motto „Schneller, höher, weiter!“ baut die Verwaltung die Skisprungschanze um. Im Adler-Skistadion gibt es deren vier Stück, vom Kinderhügel bis zur Weltcupschanze, und an der wird zum inzwischen verbreiteten Ärgernis eher amateurhaft gebastelt. Warum ich das so sage? Es kann doch nicht so schwer sein, das richtig auszumessen? Was ist das denn wenn man erst bei der Montage der neuen Stahlträger bemerkt dass die Maße so daneben liegen dass an den Aufnahmepunkten 60 Zentimeter fehlen? Jetzt stand die Baustelle still, weil man sich um die Mehrkosten stritt, und als ich da war begann man gerade den Trümmerhaufen wieder abzubauen und zu entsorgen! Das Ganze von vorn bitte.

Der Wanderweg, der vom Bahnhof einmal rund ums Dorf führt, wurde in dem Bereich extra umgeleitet, womöglich damit nicht jeder Fremde den „Schandfleck“ gleich zu sehen kriegt. Die Schanze ist allerdings das optisch bestimmende Element des Dorfes und von vielen Stellen dominant zu sehen, womit es vergebliche Liebesmüh sein dürfte das Problem zu verbergen. Wer hinsieht kann nicht umhin es zu erkennen!

Die harmonisch in die Landschaft eingebettete Baubauung wechselt sich ab von kleinstädtischer regionaler Bauart bis hin zu abgelegenen Bauernhöfen. Dabei sind die Straßen teils breit und gut gebaut, teils aber auch bessere Pfade, auf denen allerdings Fuhrwerke vorbeikommen können. Wanderer pass auf deinen Hintern auf. Aber das hatten wir ja gerade schon mit den Taxis.

Für den Weg einmal rund ums Dorf sollte man durchaus einen halben Tag einplanen. Was anfangs ziemlich einfach ausschaut zieht sich bald recht in die Länge, vor allem wenn man allen Ausläufern folgt, was sich lohnt. Viele sehenswerte Sachen stehen halt etwas abseits, wie das Schwarzwälder Skimuseum.

Verhungern wird keiner, ausser am Sonntag! Da haben merkwürdigerweise fast alle Wirtshäuser gemeinsam Ruhetag! Immer genau dann, wenn die Gäste kommen.