Kunst

Foto: Archiv, Symbolbild – Ich habe gesagt: Wir arbeiten nach den Regeln der Kunst, ganz oder garnicht! Was soll das heißen?

Fotografie ist im allgemeinen angewandte Physik, und gehorcht als solches gewissen Regeln. Es sind nicht immer die, welche man in Büchern der Sorte „Fotoschule“ nachlesen kann. Die dort oft gepriesenen Automatismen sind dem fotografischen Lernen eher abträglich. Du musst selbst denken statt alles einem Programm zu überlassen, dessen Funktionsweise du nicht immer kennst. Das macht eher was sein Programmierer will als das, was du als Fotograf willst. Der Hersteller hat zwar viel Erfahrung im Kamerabau, weiss aber nicht welche Motive du bevorzugst. Es kommt also oft ein (fauler?) Kompromiss dabei heraus. Das, was andere Fotografen in solchen Werken vorstellen, ist in aller Regel eher deren Arbeitsweise und auf deren Themengebiete angepasst als allgemeingültig.

Natürlich habe auch ich mir im Lauf vieler Jahre Methoden angewöhnt. Die haben sich aus dem herauskristallisiert, was ich so fotografiere. Vorwiegend Radsport.

Wie man an das weite Themenfeld „Sport“ herangeht unterscheidet sich sehr von dem, wie man das Themenfeld „Natur und Landschaft“ behandelt. Patentrezepte gibt es nicht viele. Was ich nachfolgend vorstelle hat sich halt bei mir bewährt. Andere mögen das anders sehen.

Gehässige sagen nun auch, Kunst komme von künstlich. Mitunter haben sie recht damit! Es gibt etliche Fotografen, die um jeden Preis ungewöhnliche Motive suchen. Alltagsmotive fallen kaum auf, können aber durchaus so dargestellt werden dass sie dennoch etwas Besonderes sind. Man muss sich dazu aber Mühe geben und darf nicht auf den Zufall warten.

Darum mache ich meine Bilder ausnahmslos als Rohdatendatei. Zwar zwingt das danach zu zusätzlicher Arbeit, nämlich der Ausarbeitung der Aufnahmen am Computer. Das aber erlaubt auch einen kritischen Umgang mit den eigenen Aufnahmen, und erleichtert das Aussortieren von Ausschuss, also Aufnahmen, die nicht so geworden sind wie man sich das gewünscht hat. Dazu gehört auch das Erkennen von Fehlern, oder Defekten, die nicht immer sofort am Set erkennbar sind. Besonders „beliebt“ sind bei heutigen Systemkameras falsch justierte Wasserwaagen, die dir im Sucher eine richtig ausgerichtete Aufnahme vorgaukeln, was aber nicht daran vorbeiführt, später am Rechner Bilder mit schiefem Horizont vorzufinden. Die sind unbrauchbar, wenn man das nicht händisch unter hohem Aufwand nachkorrigiert!  So bleibt auch erspart, bei wirklich wichtigen Bildern in eine Falle zu laufen. Man lernt seine Kamera kennen! Es geht selten etwas ohne Vorwarnung kaputt, Defekte kündigen sich in der Regel frühzeitig an, und ja, auch Fehljustagen gehören in diese Kategorie, auch wenn manche Vertragswerkstätten behaupten, das nicht berichtigen zu können. Das Ebenbild des bei Radfahrern verhassten Schleichers gibt es bei Fotografen ebenso, wenn auch in anderer Form. Da sind es gern gestörte Kontakte, die den Dienst versagen und Fehlermeldungen provozieren, die man sich ad hoc garnicht wirklich erklären kann und die später womöglich auch ganz von alleine wieder verschwinden.

Ein mir bekannter Fotograf meinte letztens, ein Gehäuse mit einem 24-105mm reiche ihm völlig. Das mag so sein, vor allem wenn man „nur ein BIld für die Zeitung braucht“ und der Rest vom Rennen egal ist. Ungewöhnliche Bilder erhält man so aber eher selten. Heraus kommt dabei gerne, was man als Landschaft mit radelndem Beiwerk bezeichnet. Landschaftsaufnahmen oder Stadtansichten sind beim Rennen aber nicht Thema!

Richtig Pfeffer in die Sauce kommt jedoch erst mit der Nutzung ungewöhnlicher Brennweiten, auch wenn das manchmal schwierig wird. Nicht alle Veranstalter berücksichtigen die Bedürfnisse der Fotografen, oder nur die der eigenen, und dann hängst du da hinter dem Zaun fest. Wie bekannt, Fotografen hinter der Absperrung sind faktisch kaum handlungsfähig. Die Hinterköpfe anderer Fotografen oder Zuschauer willst du regelmäßig nicht im Bild haben. Aber was tun?

Des Rätsels Lösung sind längste Teleobjektive. Brennweiten von 500mm und mehr helfen dem Problem dann ab, wenn die Abstände so sind, dass man aus der Zielausgangskurve die Ziellinie sehen kann. Was alleine mit dem Objektiv nicht geht, den Sieger formatfüllend abzubilden, lässt sich dann oft mit einer Ausschnittvergrößerung in der Nachbearbeitung regeln. Das Bild von Sylvain in Stuttgart ist so entstanden. Demnächst kommt bei Canon ein neues 200-800mm. Mal sehen was das taugt.

Diese Herangehensweise bringt noch einen anderen Vorteil mit sich, sofern der Platz dafür reicht. Infolge der großen Abstände werden die Winkel ziemlich spitz, will heißen es sind die Zielgerade hinunter nur einstellige Winkelgrade zwischen Fahrlinie und Aufnahme. Optisch kommt der Fahrer genau auf dich zu. Diese Bilder sehen dann für Laien so aus als habe der Fotograf verbotenerweise mitten auf der Straße gestanden. Das hat aber niemand vor. Sicherheit hat Vorrang.

Da kommt dann die Sache mit der Winkelgeschwindigkeit ins Spiel. Absolut fahren die Jungs immer gleich schnell, wenn sie aber auf dich zufahren schaut es so aus als würden sie stillstehen. So kann man auch mit vergleichsweise langen Verschlusszeiten zu scharfen Aufnahmen kommen, was gerade dann praktisch ist wenn das Licht knapp wird.

Das andere Extrem sind starke Weitwinkel, mit denen z.B. ein 90°-Blick in eine Kurve möglich wird. Wenn dort ein langgezogenes Fahrerfeld um die Ecke biegt muss man eigentlich nur auf der Winkelhalbierenden im Zentrum der Kurve in einer tiefen Position stehen um fast garantiert gute Bilder zu bekommen.

Regenwetter wie da in Stuttgart offenbart dabei seine Vorzüge gegenüber Sonnenschein. Ja, es kann von Vorteil sein wenn die natürlichen Kontraste gering sind. Sportler mögen es nicht immer wenn Fotografen blitzen. Das aber muss man wenn die Unterschiede zwischen Lichtern und Schatten zu groß werden. Die Datei kann für jedes Pixel nur begrenzt abbilden was da war. Gebräuchliche Formate sind heutzutage ein herstellerabhängiges Rohdatenformat, TIFF oder JPEG. Für den Alltagsgebrauch scheidet TIFF eigentlich aus. Als unkomprimiertes Format erzeugt es unnütz große Dateien und kostet damit nur Speicherplatz, ohne wirkliche Vorteile zu bieten. Da nutzt man entweder JPEG, wenn man das Ergebnis sofort weitergeben muss, oder RAW, wenn man Zeit hat für die Ausarbeitung. Der Haken? Die „Datentiefe“ von JPEG beträgt nur 8 Bit, also 256 Helligkeitsabstufungen. Da gehen im Gegensatz zu RAW, das mit seinen bis zu 14 Bit Millionen Nuancen darstellen kann, rasch Detailinformation verloren. Für den Druck in der Zeitung mag das egal sein, aber versuche später mal so ein Bild aufzuarbeiten.

Viel Spaß!