Hessentag

Foto: Illustration, Symbolbild – Die Regierung und andere wollen uns weis machen, den Hessentag gäbe es als gemeinschaftsstiftendes Ereignis! Warum macht man dann eine Festung daraus?

Wer die Webseite zum Hessentag, aktuell in Fritzlar, liest findet dort auch eine FAQ-Seite. Die steht ziemlich weit rechts unter Service. Dort gibt es beispielsweise einen Punkt „Darf ich Fotos machen?“ und als Antwort dazu „Die Mitnahme von professionellem Kamera- oder Filmequipment ist nur akkreditierten Pressemitarbeitern gestattet. Das Fotografieren mit Handy-Kameras und Kameras ohne Wechselobjektiven ist erlaubt.“

Ach wie gnädig! Was für eine Frage – ob man in aller Öffentlichkeit Erinnerungsbilder machen darf! Öffentliche Straßen und Plätze sind eben das: öffentlich! Wer das geschrieben hat offenbart, dass er oder sie Jurist oder Bürokrat sein muss, aber vom Thema nicht viel versteht!

Warum? Es gibt keine „professionelle“ Kamera! Nicht das Gerät ist „professionell“, bestenfalls sein Benutzer. Rückschlüsse dieser Art sind in den meisten Fällen Zirkelschlüsse. Würde der Fachhandel die hier gemeinten Kameras nur an gewerbliche Interessenten verkaufen wäre er pleite. 80% derer, die „professionelle“ Kameras besitzen, sind Amateure bzw. streng genommen Hobbyisten. Wer seine Bilder verkauft ist Profi, egal womit er sie gemacht hat. Andernfalls eben nicht. Das ist wie mit Autos. Wer will und die Vorschriften einhält soll meinetwegen mit dem Leo zum Bäcker fahren, Brötchen holen. Ist halt etwas verbrauchsintensiv, aber wer mag … So ist das hier auch! Die Regelung ist aus fachlicher Sicht Unfug! Egal ob man da nun eine RX100 von Sony oder eine R3 von Canon hernimmt, der fotografische Prozess ist gleich. Ich habe vor Jahren bewiesen dass es überhaupt kein Problem ist, ein aus einem SD-Video ausgelesenen Frame in die Zeitung zu bekommen, so man dort nichts anderes hat und dringend ein Bild braucht. Qualitativ jenseits von gut und böse, aber dafür gut genug, und wie gesagt, eine Herleitung ob Profi oder nicht an der Gerätschaft festzumachen ist aus solchen Gründen unzulässig. Nach dieser Logik dürften Normalbürger keine cremefarbenen Autos fahren, weil das in vielen Städten die „Taxifarbe“ ist. Auf die Idee kommt ja auch keiner.

Wer die gewerbliche Nutzung von Bildern aus unautorisierten Quellen vermeiden möchte muss nur die gewerbliche Verwendung untersagen, nicht das Fotografieren an sich. Dann könnte sich jeder persönliche Erinnerungen schaffen, aber Bilder dürfte nur der Veranstalter veröffentlichen. Drops gelutscht! Wer es wirklich darauf anlegt kommt an seine Bilder. Nur die Stimmung leidet. Falls das die Absicht ist, man wird so keinesfalls vermeiden können dass ungesteuerte Informationen bekannt werden. Wer das nicht glaubt schau sich im Fachhandel nur mal nach „Kameras ohne Wechselobjektiv“ um. Das sind beileibe nicht nur kleine Kompakte! Darunter fällt als Beispiel ebenso eine Lumix DMC-FZ2000, die mit ihrem fest eingebauten Zoom optisch nach „professioneller“ Kamera aussieht, aber so wie bei euch beschrieben erlaubt sein muss. Alleine hieran erkennt man den Unsinn solcher Bestimmungen. Das genannte Beispiel ist nach euren Bestimmungen eine „Kamera ohne Wechselobjektiv“. Wer sie mitbringt muss sich darauf verlassen dürfen, damit auch eingelassen zu werden ohne dass es zu Diskussionen mit dem Sicherheitsdienst kommt oder das dessen Willkür unterworfen ist!

Was man sich vermutlich bei dieser Bestimmung gedacht hat liegt nahe, entspricht nur nicht mehr heutigen Gegebenheiten! Das sind eben schon lange nicht nur Taschenkameras ohne weitreichende fotografische Möglichkeiten. Man kann wenn man will und was davon versteht damit genauso gut oder schlecht fotografieren wie mit „großen“ DSLR.

Mich würde dazu mal die Begründung interessieren, läuft das doch mutmasslich darauf hinaus dass da wer meint, unsereins am Bildermachen hindern zu müssen, weil er irgendwem irgendwelche Rechte verkauft hat. Bezeichnenderweise sucht man nämlich an anderer Stelle nach Fotografen für den Hessentag, die die Veranstaltung dokumentieren sollen. Warum fragt man nicht einfach die Besucher nach Bildern? Einen anonymen Zugang zu einem Uploadserver zu verlinken ist trivial. Viele sind sicher gerne bereit, welche abzugeben, wenn man aufhören würde sie zu gängeln! Das funktionierte bisher woanders wunderbar.
Falsch verstandene Machtausübung, denn das Straßenbild ist frei. Es fällt unter die bekannte Panoramafreiheit, jedermann darf aufnehmen was dauerhaft an Straßenrändern und Plätzen herumsteht. Daran ändern auch solche Bestimmungen nichts. Die Stadt rühmt sich ihrer alten Fassaden. Was also soll das?

Man hat letztes Jahr in Pfungstadt einen ähnlichen Unsinn verzapft, und wer sich erinnert weiss, dass das damals in der Region durchaus nicht positiv aufgenommen wurde, dass man eine Kleinstadt zu einer Art Festung gemacht hatte. Hin zu gehen machte keinen Spaß! Kontrollen an den Ausfallstraßen sorgten nicht für Sicherheit, sondern für Streß.

Vergleichbares ist nun erneut zu erwarten, wenn man die Einlassungen liest, die dort geschrieben sind.

Vor wem oder was hat da wer Angst? Dingen wie Bürgerjournalismus wird da Hohn gesprochen! Angeblich haben wir doch Pressefreiheit? Wie war das nochmal? Einen Presseausweis bekommt auch nur, wer etablierten Verlagen angehört. Unabhängig kann ich das leider nicht nennen! Wes‘ Brot ich ess des Lied ich sing? Offenbar soll nur berichten können wer dies im Sinn bestimmter Kreise und Interessen tut. Bloss keine Kritik?

Man könnte da jetzt auf Gedanken kommen …

Sagt doch lieber gleich dass die Bürgerinnen und Bürger bei eurem Fest nichts mehr dürfen sollen als ihr Geld ausgeben! Wessen Fest ist das eigentlich? Das der Regierung oder das der Bürger, oder das eines privatwirtschaftlichen Unternehmens, dessen Interesse auf Gewinn liegt? Es nennt sich Landesfest. Man denke sich sein Teil!

Videoaufnahmen, auch mit dem Handy, hat man nämlich gleich ganz verboten. Etwas weiter auf der Seite findet sich dann nämlich eine längere Liste an Sachen, die dort nicht erwünscht sind. Ich zitiere:

„Folgende Gegenstände dürfen nicht mit ins Sparkassen-Palace genommen werden:

    • Rucksäcke oder Taschen größer als DIN A4
    • Speisen, Getränke
    • Deo, Haarspray und ähnliche unter Druck stehende Behälter
    • Medikamente in unüblichen Mengen bzw. außerhalb der Originalverpackung
    • Waffen, Pfeffersprays und Gegenstände jeglicher Art, die als Waffe zu gebrauchen sind
    • Pyrotechnik, Feuerwerk
    • Alkohol, Drogen
    • Tiere (ausgenommen Assistenzhunde)
    • Kameras, Audio- oder Videorekorder
    • Tablets, PCs, Drohnen
    • Fahrräder, Kinderwägen, Helme
    • Stockschirme, Fahnenstangen
    • Selfie-Sticks
    • Laserpointer, Taschenlampen, Leuchtstäbe
    • Stühle, Hocker
    • Glasbehälter
    • Diskriminierende Kleidung und Gegenstände

Der Sicherheitsdienst vor Ort ist angewiesen, genaue Kontrollen beim Einlass durchzuführen. Den Anweisungen des Sicherheitspersonals ist Folge zu leisten.“

Soweit der Auszug aus der Hessentagsseite. Manches macht Sinn, anderes weniger!

Wovor habt ihr Angst? Wie sich das mit dem „Sicherheitsdienst“ benehmen dürfte wissen wir noch nur zu gut aus Pfungstadt! Man muss dazu kein Wort mehr verlieren.

Wer dennoch über einen Besuch nachdenkt und nicht fussläufig dorthin kommen kann sollte wissen: Die Bahn befindet sich gerade im Umbau. Original von Wabern nach Bad Wildungen fahren die Züge zu der Zeit nur provisorisch von Wabern nach Fritzlar. Aus Richtung Westen gibt es nur Busverkehr. Parken wird man der Karte nach auch nur gegen (viel?) Bares können, Parktickets gibt es im Vorverkauf über die Webseite. Die Innenstadt wird nach den dortigen Aussagen Fussgängerzone und auch für Anwohner nicht mit dem Auto erreichbar sein.

Sorry, das hat was von „einnehmendem Wesen“. Attraktiv geht anders! Wozu soll ich mich stundenlang in den Zug setzen um dorthin zu kommen, nur um dann dort zu erfahren dass ich mir nicht mal Erinnerungen mitnehmen darf? Ob ich mit der Bahn abends wieder heim käme wäre noch fraglich!

Nebenbei, wenn sich der Vertreter der Stadt in den Abendnachrichten mit der Aussage wiedergeben lässt, man hoffe im Nachgang auf Touristen, dann muss ich dazu sagen: Wer seine Gäste wie Fussabtreter behandelt, ihnen sagt dass sie nichts dürfen, der darf sich dann auch nicht über mögliche Folgen wundern! An solche Orte geht man nur hin wenn man unvermeidbar muss! Da mag es dort landschaftlich so schön sein wie es will, wenn die menschliche Komponente, die zum Wohlfühlen, nicht stimmt.

Wer den Hessentag mit einem beliebigen Jahrmarkt oder einer Werbeverkaufsschau verwechselt wird dem eigentlichen Anliegen nicht gerecht!