Hintergrundbeleuchtung

Bei meinem Besuch in Rheinzabern ist mir aufgefallen: da stehen sie auf dem Treppchen und warten darauf dass der Bildberichterstatter seine Kamera absetzt. Fotografen machen ihr Bild und nehmen die Kamera runter. Was aber tun Filmer, und wie kann man die zwei unterscheiden?

Es ist eigentlich ganz einfach! Wenn oben auf der Kamera ein Kunstfell steckt darf erwartet werden dass da wer filmt. Da ist dann ein Mikrofon drunter, also künstliche Ohren. Bei der Siegerehrung verhaltet ihr euch am besten so, als wäre da gar keiner anwesend, denn der hört erst auf zu filmen wenn die Szene im Kasten ist. Also dann wenn ihr wieder vom Treppchen runter seid. Je länger man da also aufeinander wartet desto komplizierter wird es im Schnitt, die Überlänge wieder raus zu kriegen.

Wie ist das eigentlich grundsätzlich? Einige filmen mit dem Handy und stellen die eine Szene umgehend online. Andere brauchen eine Woche, um einen Film zusammenzustellen. Woran liegt das? Es ist eine „Formatfrage“! Aber auch eine von Dienst und Freizeit.

Viele Wege führen nach Rom! Nicht alle, aber etliche. So ist es auch hier der Fall, dass viele Hersteller von Videoausrüstung ihre hauseigene Suppe kochen, also ihre eigenen Vorstellungen zur Dateistruktur umsetzen. Gemeinsame Regeln gibt es da kaum, und selbst wenn zwei Dateien die gleiche Endung aufweisen wie hier oft *.mov oder *.mp4 heisst das nur, dass die gleichen Container zum Verpacken genutzt werden. Aber selbst dann gibt es Unterschiede, und wie der Inhalt ausschaut steht auf einem ganz anderen Blatt Papier.

Nun sollen die Schnittprogramme all das gleich gut verarbeiten können. Das geht natürlich nicht, beziehungsweise nicht sofort. Wer Daten in solch ein Programm importiert startet im Hintergrund einen Prozess, der die Dateien in ein Format umwandelt, mit dem das Programm arbeiten kann. Das geschieht regelmäßig ohne weiteres zutun, braucht aber Zeit. Solange dieser Vorgang nicht abgeschlossen ist kannst du nicht weitermachen.

Die verschiedenen Hersteller gehen da im Detail unterschiedlich vor, tun aber im Grundsatz alle dasselbe. Nur jeder auf seine Weise. Daher kommt auch dass ein in Final Cut angefangenes Projekt nicht in Premiere oder Davinci fertiggestellt werden kann.

Auch sind die Anforderungen der Plattformen sehr verschieden. Apple nutzt mit seinem Mac und Final Cut Pro X ein Verfahren, das den umständlichen Weg über Proxidateien geht, damit aber erreicht dass man moderne Formate bis zu 8k selbst auf 10 Jahre alter Hardware noch verarbeiten kann. Der Import dauert dann eben etwas, bei umfangreichen Projekten nicht selten eine ganze Nacht! Windows wiederum packt gerne die dicke Berta aus und wickelt das Rendern von Videodaten über entsprechende Grafikkarten ab. Die kosten dann dementsprechend. Nicht selten sind solche Grafikkarten teurer als der restliche PC. Aber auch da muss die Software die Dateien ihren Möglichkeiten anpassen. Ohne Importkonverter geht es selten.

Außer du bist beim Fernsehen! Die Profis arbeiten mit Festplatten oder SSDs statt mit SD-Karten oder CFExpress. Das bringt den Vorteil dass man die Platte mit den Daten einfach aus der Kamera zieht, in das Schnittpult steckt und dort ohne Verzug weiterarbeiten kann. Solche Technik steht Amateuren alleine aus Kostengründen nicht zur Verfügung!

Apropos Kosten. Wer mal gegooglet hat kann wissen: selbst der kleinste Mac Pro kostet aktuell rund 8300 Euro, ein nach den gängigen Vorschlägen zusammengestellter Selbstbau-PC kaum weniger! Wir reden da also nicht von Kleingeld. Da kostet die Lizenz der jeweiligen Programme mit rund 300 Euro hier wie da nicht die Welt. Wer auf das Ergebnis warten kann kommt aber auch mit weniger starker Hardware zum Ziel. Mit meinem Mac aus dem Jahr 2013 dauert das Rechnen des fertigen Film mit rund 10 Minuten Länge dann eben mal bescheidene 4-5 Stunden. Aber es geht. Man muss nur Geduld haben!

Dass ich da nicht mit den „Sofortuploadern“ konkurrieren kann sollte einleuchten. Muss ich das? Nein. Aber ich konzipiere meine Filme natürlich auch danach ob sie von anderen gebraucht werden könnten oder ob ich sie aus purem Selbstzweck mache.

Mit welchen Datenumfängen muss man rechnen? Meine Sony 6700 schreibt bei den besagten Einstellungen (4k60, 4:2.2, 10bit) eine 128GB-SD-Karte in knapp einer Stunde voll. Es gibt Kameras, die tun das in 15 Minuten. Auch Videos gehen inzwischen manchmal als unkomprimierte Rohdaten. Das Projekt in FCPX wird dann nach dem umwandeln rund 5-10mal so groß! Für solche Projektdateien muss man dann auch für RAM und Plattenplatz sorgen. Die Standardkonfiguration kommt da schnell an ihre Grenzen. Mit einem Office-PC geht sowas gar nicht!

Wie ist das nun mit den Handys? Ähnlich! Solange alles auf dem Gerät bleibt sind die Datenformate so abgestimmt, dass man durcharbeiten kann. Es gibt derweil sogar Apps, die in bescheidenem Umfang den Schnitt kleiner Projekte sogar auf dem Handy ermöglichen. Allerdings lassen sich so aus Platzmangel keine komplexen Vorhaben erstellen. Einzelne Szenen auf Instagram stellen ist kein Problem, komplexe NLE-Software wird da aber nicht laufen. Kopierst du die Videoclips auf deinen Mac oder PC beginnt das Konvertieren von vorne, und du wartest!

Wer einmal Programme wie Davinci Resolve getestet hat weiss, dass es dabei unterschiedliche Versionen gibt. Einmal eine kostenlose, und das Studio für rund 300 Euro. Wo liegt da nun der Unterschied? Wer versucht hat, eine in 4:2:2, 10bit kodierte Datei in der kostenlosen Version zu öffnen weiss es: das geht nicht! Das Programm erkennt die Tonspur, aber nicht das zugehörige Bild. Das ähnelt dem Versuch, ein Rohdatenfoto direkt in Photoshop einzulesen. Es geht – mit vorgeschaltetem Konverter. Oder du erhältst nur das Vorschaubild.

Du hast also bei der Videobearbeitung faktisch die Wahl: warten oder Geld ausgeben! Wer nicht genug Geld übrig hat muss eben Zeit investieren, und es dauert bis der Film fertig ist. Zumal man während der Arbeitszeit daran nicht arbeiten kann.