Winterzeit, Radcrosszeit

Seit gestern Abend rollt sie wieder, die Radcross-Trainings-WM auf der Radrennbahn in Darmstadt! Ab jetzt besteht bis auf weiteres jeden Mittwoch Abend ab 19 Uhr eine Trainingsmöglichkeit für Interessierte.

Der Zuspruch am ersten Abend war ausgesprochen erfreulich! Der VC Darmstadt hat sich diese erfolgreiche Idee ausgedacht, und hat mit dem Gelände, auf dem neben Bahnradsport auch MTB-Rennen stattfinden, eine gute Möglichkeit dazu. Seit diesem Jahr gibt es auch eine nigelnagelneue Flutlichtanlage, und damit ist da nun auch vorhanden, was man braucht: Licht!

Über dessen Qualität reden wir gleich noch ein bisschen, denn so ein Ereignis bietet auch Fotografen Gelegenheit für „Fingerübungen“.

Der Termin liegt, im Gegensatz zu ähnlichen Angeboten anderer Vereine, am Abend und damit zu dieser Jahreszeit in der Dunkelheit. Somit ist es etwas kompliziert, dort erfolgreich Fotos zu machen. Aber es ist möglich. Gestern hat meine Canon R6 zusammen mit einem adaptierten EF 2,8/70-200mm dafür genügt. Weitgehend. Die Zusammenstellung ist der Tatsache geschuldet gewesen dass ein neues RF 2,8/70-200mm eben fast 3000 Euro kostet. Das hat man nicht eben mal so. Das vorhandene Licht genügt, damit der AF den Motiven folgen kann. Beachtet bitte dass die vielgelobten Automatiken handelsüblicher Kameras da gleich in mehrfacher Hinsicht versagen werden, denn diese Sorte Bilder entspricht in keinster Weise dem, was die Ingeneure der Herstellerfirmen dabei im Sinn hatten.

Da wäre einmal der Farbgang. Die Flutlichtanlage ist zwar auf den Eindruck von Tageslicht ausgelegt, tut das aber weitgehend auch nur deshalb weil uns unser Hirn immerfort bescheisst! Was wir zu sehen glauben ist bei weitem nicht das, was da wirklich ist. Nun verfügt eine Kamera absolut nicht über diese Eigenschaft. Der Sensor „sieht“ was da ist, und wenn das farblich „abwegig“ ist wird er das auch ebenso abwegig aufzeichnen. Die dabei entstehenden Bilder sehen irgendwie krank aus! Das ist normal. Ihr könnt gerne herumprobieren, es wird euch nicht gelingen sowohl den Hintergrund als auch die Sportler farbrichtig darzustellen.

Wer da war hat den Eindruck von Tageslicht gehabt, die Bilder sehen dennoch in der Tendenz gelb aus. Das ist völlig normal, denn das Licht ist gelb. Auch wenn es uns weiss erscheint. Dagegen anzukorrigieren führt nur dazu, dass der Hintergrund blau wird und die Leute krank aussehen. Das ist, was ich mit „Hirn-Beschiss“ meinte. Wir sehen was wir sehen wollen, nicht was da ist, weil wir wissen oder zu wissen glauben wie die Sachen auszusehen haben! Das funktioniert sogar in weitgehender Dunkelheit. In der Nacht sollen ja alle Katzen grau sein, sagt der Volksmund.

Wer da Aufnahmen machen will muss das wissen und berücksichtigen. Lasst bloss das Blitzlicht aus! Da stört es mehr als es nützt. Richtet euch bei der Standortwahl nach den Standorten der Lichtmasten, damit das Licht auf die Gesichter fällt. Da soll es hin. Aufzublitzen schafft das Problem nicht aus der Welt, da kommt dann lediglich noch eine weitere Farbkomponente mit ins Spiel. Wer meint mit einem Aufsteckblitz ein Stadion ausleuchten zu können ist ein Opfer der Werbewirtschaft! Blitzlicht dient tagsüber zur Kontraststeuerung. Hier muss man mengenmäßig mit dem Licht leben was da ist. Da ist ja nur das aus dem Flutlicht. Das genügt! Es braucht hochlichtstarke Objektive. Mit den üblichen Kit-Linsen kommt man da nicht weit! Um auf Verschlusszeiten von mindestens 1/250 Sek. zu kommen muss man eben in den sauren Apfel beissen und die ISO hochschrauben. Das führt leider zu BIldrauschen, früher sprach man von Korn. Sieht nicht gut aus, hilft hier aber nichts. „Das wäre Ihr Preis gewesen!“, sagte damals Carrell. Das gilt ebenso für die anzuwendenden Techniken. Beschäftigt euch bedarfsweise mit dem Themengebiet der Winkelgeschwindigkeit. Es gibt in jeder Kurve einen Punkt, an dem Sportler selbst bei voller Fahrt augenscheinlich still stehen. Ansonsten übt Mitziehen! Scharfes Fotografieren selbst mit langen Belichtungszeiten ist eine reine Trainingsfrage! Warum also nicht ein solches Trainingsrennen auch für das Fotografentraining nutzen? Das braucht es auch!

Was dabei an Bildern raus kam seht ihr nebenan. Wie gesagt, ich habe den Abend ebenso zum Training genutzt wie die Radfahrer, eben nur anders. Es ging mir um die Erkenntnis, ob ich mir besagte 3000 Euro sparen kann, oder ob ich einkaufen gehen muss. Es wird langfristig wohl auf eine Investition hinauslaufen. Nicht weil das alte Objektiv schlecht sei. Es ist unnötig groß und schwer! Bis ich aber das ganze Programm an neuen Optiken für das RF-Bajonett zusammen haben werde wird es wohl nächstes Jahr. Solange wird es mit Adapterlösungen gehen müssen, oder mit den alten Gehäusen. Die sind ja auch noch da! Oder wir drehen mal wieder ein Video?

Die menschliche Komponente solcher Veranstaltungen tritt dann in Erscheinung, wenn man einen Trainer oder Mechaniker hat. Auch gestern kam nicht nur einer schiebend oder tragend angesäuert aus der ersten Runde, weil defekt. Was man da so hören konnte beschreibt einiges! „Du bist schuld!“ Wirklich? Es nennt sich zwar WM, der Zusatz „Trainings-“ beschriebt aber dass es eigentlich „nur“ darum geht, fit zu werden für die anstehenden wirklich wichtigen Rennen. Das ist ein Rennen im Trainingsbetrieb, nicht der Kampf um Leben und Tod! Da gehören die Schwachpunkte des eigenen Materials auch dazu. Finden und abstellen! Natürlich kann die Defekthexe selbst bei Neuteilen jederzeit zuschlagen. Ein abgebrochenes oder verbogenes Schaltauge passiert schnell. Da muss man nur irgendwo hängen bleiben. Andere dafür verantwortlich zu machen und die beleidigte Leberwurst zu spielen hilft dem Problem nicht ab! Es entlüftet lediglich das emotionale Überdruckventil, wenn man mal wieder mehr wollte als man konnte. Für sein Material ist jeder Sportler erst mal selbst zuständig! Genauso wie wir Fotografen.