Das Rennen nach dem Rennen

Foto: Symbolbild – Das Rennen nach dem Rennen? Was ist damit gemeint? Die meisten denken nicht weiter darüber nach. Wer sich jedoch mal darüber ein paar Gedanken gemacht hat wird zu einer anderen Weltsicht kommen.

Es kommt regelmäßig vor. Jemand holt sein Handy raus und macht Aufnahmen. Betreuer, andere Fahrer, egal. Der jeweilige Verein hat damit seine Erinnerungsbilder, die er als Eigenwerbung und Information ins Netz stellen kann.

Während unsereins also nach dem Wettbewerb, womöglich stundenlang, nach Hause fährt spielt bei den Ortsansässigen die Musik. Die laden derweil ihre Handyfotos hoch. Will heissen, nach der Siegerehrung ist ggf. die Konkurrenz um Bilder entschieden, und für klassische Fotografen verloren! Wer zuerst hochlädt hat die Aufmerksamkeit. So ist das auch hier.

Welche Botschaft geht damit aber einher, wenn man bedenkt, dass damit für die Mehrheit das Interesse an Bildern bedient ist? Es ist eine verheerende Botschaft an alle handwerklich arbeitenden Fotografen, die nicht unbedingt von einem Auftraggeber geschickt wurden: Ihr könnt heim fahren, eure Bilder braucht man hier nicht. Wir machen alles selbst!

Man erklärt unsereins durch die Blume anhand der realen Fakten für überflüssig!

Warum ist das so? Handyfotos sind sofort verfügbar, ausreichende Netzabdeckung vorausgesetzt. Man muss auf nichts warten, während die erforderlichen Ressourcen für DSLR-/DSLM-Fotografen nicht vorhanden sind. Für eine Verarbeitung vor Ort genügen trotz aller Politikerreden die gegebenen Rahmenbedingungen vorn und hinten nicht, oder kommt jemand mit dem Möbelwagen, um darin ein Studio zu installieren? Ausreichende Hardware und Bandbreite direkt vor Ort? Technisch wäre das möglich, aber real ist nichts davon vorhanden. Sicher nicht. Die „Methode Mobilfunk“ hat aber einen Haken. Die Provider können auf dem Land nicht mal die allgemeine breitbandige Netzabdeckung gewährleisten, während sie in den Städten von 5G reden. Mit fatalen Folgen.

Wer das Spiel um den ersten Upload so spielt merkt später, wenn er mal Bilder braucht, was ihm fehlt. Ordnung. Eine Ablage. Ein Archiv. Bilder mit den nötigen Eigenschaften. Druckfähige Bilder. Ich kenne bislang keine App mit den Fähigkeiten eines Assetmanagers. Es gibt für PC Bildverwaltungssoftware, mit der man seine Fotos so verschlagworten kann – das gehört auch dazu – dass man sie Jahre später wiederfindet. Auf dem Handy mutiert der Fotoordner im Lauf der Zeit zu einer Halde an Pixeln, die ungeordnet da rum stehen und Platz verbrauchen. Womöglich ist der Speicher irgendwann voll, und man muss was wegwerfen damit Neues Platz findet. Ordnung ist da selten. Das Problem ist grundsätzlicher Natur. Lebt man nur im Augenblick, oder macht man es mit System?

In der Fotografie gibt es grundsätzlich zwei wesentliche Formate. JPEG und RAW. Das übliche Bildformat für Handyfotos ist JPEG. Ausgeschrieben nennt es den „Erfinder“ des zugrunde liegenden Algorithmus, die „Joint Photographic Experts Group“. Das Problem ist, dass der Algorithmus zwar für schöne kleine Dateien sorgt, aber eben verlustbehaftet ist, will heissen: jedes Mal, wenn man das BIld speichert, verliert es an Details. Die Qualität wird mit jedem Mal anschauen schlechter!

Das Rohdatenformat (RAW) hingegen erzeugt erst mal gar kein echtes Foto. Nicht jede Kamera „kann“ es, darunter kaum ein Handy. Es werden die Sensordaten abgelegt, wie sie vom Chip kommen. Auch da ist des Platzbedarfs wegen Kompression möglich, aber ohne Verluste. Man kann das also kopieren so oft man will, ohne dass sich die Datei dadurch verändert. Nun ist das Format leider herstellerspezifisch, will heißen: jeder Kamerahersteller kocht sich seine eigene Suppe. Kein normales Bildbearbeitungsprogramm kann dieses Format ohne passendes Plugin lesen. Schlussendlich muss man diese Bilder „entwickeln“, um daraus Fotos zu erhalten. Das macht man aber nicht am Original. Diese Bearbeitung erfolgt ohne Beeinflussung der Originaldatei, statt wie bei JPEG jedes Mal die Qualität zu reduzieren. Man kann die Bilder beeinflussen und ist nicht auf das angewiesen, was die Kamera zufällig für schön hält. Die macht das nämlich ebenso nach einer Entwicklungsvorschrift, die hat nur der Hersteller fest eingebaut. Woher aber will ein Hersteller wissen, was du fotografierst? Wie die Bedingungen vor Ort waren? Was du damit vorhast?

Technisch sieht das so aus: JPEG erlaubt Bilder mit einer Datentiefe von 8 Bit, will heissen jedes Pixel kann 256 verschiedene Farben darstellen. Das genügt für die Darstellung am Bildschirm, zum Angucken. Nachträgliches Bearbeiten führt aber sehr rasch zu Artefakten, also zu Bildfehlern. RAW kann mehr. 12-14 Bit pro Farbkanal, welche da sind Rot, Grün und Blau. Das entspricht abermillionen Farbnuancen. Verlustfrei.

Die Entwicklung der Rohdaten zu einem fertigen Bild ist zeitraubend und arbeitsintensiv. Man muss jedes Foto anfassen, und bei etlichen Hundert davon dauert das nach jedem Rennen eben seine Zeit. Nach manchen Rennen sind da 2-3000 Fotos zu verarbeiten. Nicht selten vergehen mehrere Tage bis die Arbeit getan ist. Da sind ja noch andere Sachen: Beruf, Haushalt, etc.

Was meint ihr wie es wirkt wenn ein Fotograf vom Rennen heim kommt und feststellt, dass auf Instagram der Markt bereits verlaufen ist, und das jedes Mal neu? Bis das alles bearbeitet ist wird es gerne Wochenmitte. Na ja, man kann es dann eigentlich auch sein lassen! Es ist als würde man einem abfahrenden Zug hinterher laufen. Aussichtslos. Es wird kaum noch wen interessieren, ebenso wie die Zeitung niemanden mehr interessiert wenn ein Ereignis schon anderweitig bekannt ist.

„Nichts ist älter als die Nachrichten von gestern!“

Das ist einer der Gründe, warum immer weniger handwerklich arbeitende Fotografen bei Rennen gesehen werden. Viel Aufwand, kaum Erfolg.
Von Ertrag will ich nicht reden, das würde das Problem auf Geld reduzieren. Es ist so als würde jemand zum Rennen starten im Wissen, das Ziel nie erreichen zu können, egal was er macht.

Pfusch ist keine Lösung! Für einen Fotografen sind seine Bilder seine Visitenkarte. Er wird danach beurteilt was er „abliefert“! Deshalb werde ich nicht die notwendigen Schritte abkürzen, um Zeit zu gewinnen.

Was ist das Ziel? Schöne Bilder, schon klar. Es wird aber keiner wirklich bestreiten dass die „Währung“ für einen Fotoamateur in Wahrheit fünf Buchstaben hat: Danke. Und das zeigt man indem man die Ergebnisse dieser Arbeit wertschätzt statt wie oft geschehen die Leute zu gängeln. Dinge wie die DSGVO haben ihren Sinn. Es sind aber viele dabei, die diesen Sinn entweder nicht verstanden haben oder ihn gar zielgerichtet missbrauchen.
Einer darf, andere nicht. Muss man das erläutern? Eine Vorschrift kann nicht zum Ziel haben, das gesellschaftliche Leben zu zerstören indem es Egoismus fördert statt Gemeinnutz.