Qual der Wahl

Oft gehörte Frage: Welche Kamera soll ich mir kaufen?

Die dazu passende Antwort wäre eine Gegenfrage: Was willst du denn fotografieren?

Früher war das Leben einfach. Da gab es Kameras, in die man einen Film eingelegt hat. Der Film bestimmte das Bild. Wer wollte konnte jeden gängigen Film innerhalb einer Stunde selbst entwickeln. Wissen und Werkzeug vorausgesetzt. Das nötige Zubehör führte jeder gut sortierte Fotoladen.

Heute ist das erheblich komplizierter. Da gibt es Spiegelreflexkameras alter Art, Systemkameras neuer Art, Hybridkameras die auch noch gut filmen können, und daneben Spezialisten jeder Form und Güte. Sensoren unterschiedlicher Größe, die Bilder mit abweichenden Farbanmutungen produzieren, für die man wiederum spezielle Software auf dem Computer braucht.

Zusammengefasst: die richtige Kamera zu finden ist heute eine Wissenschaft und nahezu unmöglich! Das gleiche Bild aus verschiedenen Geräten wird höchstwahrscheinlich abweichend ausfallen. Auch wenn ansonsten dasselbe eingestellt war. Niemand falle auf die Megapixelwerbung herein! Hier gilt nicht immer: viel hilft viel. Zu viel macht das System träge, kostet unnütz Speicherplatz und lässt die Bilder bei Schwachlicht schneller rauschen.

Bis vor einigen Jahren waren Canon, Nikon und zuletzt auch Sony die Marktführer. Sony hatte ja das A-System von Minolta geerbt. In deren Sortimenten gab es für fast jede fotografische Aufgabe das nötige Zubehör. Heute alles Geschichte!
Diese Zeiten sind vorbei! Die derzeit marktgängigen Systeme sind da wie ein Minenfeld. Alle haben – fast ausnahmslos – irgendwo eine Macke! Die sollte man suchen bevor man sich für eins entscheidet! Fotografische Themenfelder, die einfach nicht bedient werden, für die man dort kein Zubehör bekommt, oder solches das nicht tut was die Werbung verspricht. Die eine hat ein untaugliches Blitzsystem, bei anderen fehlt das Makrozubehör, wieder andere sind schlicht und ergreifend unerschwinglich! Da ist wenig mit einer erkennbaren geraden Linie.

Dazu kommt, dass die Werbung viel verspricht, was man dann im Laden selten bekommt oder das nichts taugt.

Beispielsweise bekommt man für das Sony E-Bajonett ein gutes Makroobjektiv, aber an Blitzgeräten für die Makrofotografie mangelt es. Sowas ist da nicht beizutreiben!

Bis vor kurzem galt das bei Canon auf der ganzen Linie. Viel werben, wenig liefern können. Oder auch bei Nikon sah die Welt recht ähnlich aus.

Was sich gerade für Reisefotografen derzeit als Alternative anbietet ist OM-D. Der Olympus-Erbe hat mit der neuen OM-1 Brauchbares im Angebot – wenn sie denn mal Batterien liefern könnten! Akkus haben Lieferzeiten weit jenseits von allem, was man diskutieren könnte. Das gilt für die Konkurrenz in gleicher Weise. Alles was irgendwo neu auf den Markt kommt ist erstmal ein halbes Jahr lang nicht zu haben. Vorbestellen ist das Wort bei fast allen (Online)shops. Die wollen unser Geld, der Rest darf dauern.

So nicht, liebe Leute! Da sehe ich dann wenn irgend möglich von Bestellungen ab. Mein Geld fühlt sich auch bei mir wohl, wäre es doch nicht das erste Mal dass ein beworbener Artikel wieder vom Markt verschwindet bevor er ausgeliefert worden wäre. Dann seinem Geld nachlaufen zu müssen ist sch….se! Ich möchte mögliche Neuerwerbungen im Laden anfassen können bevor ich entscheide. Lieferanten die das anders sehen haben bei mir schlechte Karten.

Eine Gemeinsamkeit gibt es: die sogenannte „Heilige Dreifaltigkeit“.

Hä? Mit der Kirche hat das hier mal nichts zu tun.

Ja, unter diesem Begriff versteht man im Vollformat die drei Objektive 16-35mm, 24-70mm und 70-200mm, die fast jeder Anbieter irgendwie im Portfolio hat. Für APS-C und MFT dann dementsprechend umzurechnen. Cropfaktoren 1,6 bzw. 2.

Nicht jeder braucht das, aber wer im weitesten Sinn Reportage machen will kommt da kaum drum herum.

Kostenpunkt? Sehr unterschiedlich! Wenn dir eine MFT (Micro-Four-Thirds, von der Sensorgröße her abgeleitet) wie die OM-1 oder eine E-M1X genügt kommst du recht günstig weg, brauchst du eine Nikon Z9 oder vergleichbares zahlst du alleine für das Gehäuse mehr als bei anderen für die komplette Ausrüstung! Große Namen kosten halt. Dabei macht ein Fotograf die Bilder und die Kamera ist dabei lediglich das Werkzeug. Fragst du wo der Hammer herkommt wenn er für die Arbeit taugt?

Eine Fotoausrüstung aufzubauen ist nichts für „mal schnell zum Mitnehmen“. Das sind Kapitalanlagen für Jahre bis Jahrzehnte! So muss man das auch planen.

Erst nachdenken und die Themenfelder festlegen, dann schauen wer was hat und das auch liefern kann, sich dann den Markt anschauen ob Marken wackeln. Nicht alle haben Corona gut überstanden, und es wäre schlecht da jetzt Geld reinzustecken wenn man in zwei Jahren keine Teile mehr bekommt. Das wäre nicht ausgeschlossen!

Wer schon ein Canon EF-System hat, oder ein entsprechendes Äquivalent anderer Hersteller, und damit zufrieden ist im Sinn „Es taugt für meine Arbeit“ der bleibe dabei! Die Werbung verspricht viel, was die neuen spiegellosen Systeme alles können sollen. Stimmt ja, aber solange die Liefersituation derart desaströs ist wie derzeit kann ich von einem Wechsel nur dringend abraten!