Bessungen ist heute ein Stadtteil von Darmstadt, und wenn man das so sagen darf ein Überlebender des Zweiten Weltkriegs. Auch wenn hier der Platz nicht reicht um auf alle Details einzugehen darf man doch sagen dass dieser südliche Fortsatz der Stadt auf halbem Weg zwischen der Innenstadt und Eberstadt liegt, und so ziemlich die letzten Reste dessen beinhaltet, was die alte Residenzstadt einst ausgemacht hat.
Man findet dort in etwa auf Höhe des Prinz-Emil-Gartens die Übergangszone, bis wohin die Feuersbrunst vom 11./12.09.1944 gereicht hat. Heute spricht man von der „Brandnacht“, wenn man den Untergang des historischen Zentrums von Darmstadt im Bombenhagel der Alliierten meint.
War seinerzeit die Altstadt von Darmstadt im Feuer untergegangen, so haben in Bessungen einige Straßenzüge überlebt, die heute noch annähernd so aussehen wie es damals überall ausgesehen haben könnte. Stellenweise ist sogar noch so etwas wie eine dörfliche Struktur vorhanden, während gleich um die Ecke Großstadtverkehr tobt.
Es ist sozusagen eine Art bewohntes Freilichtmuseum entstanden. Hier im Bild ein Stück uraltes Straßenpflaster. So alt dass man den Werdegang verfolgen kann. Der Rinnstein kaum sichtbar, und Flickstellen mit Kaltasphalt vergossen gibt es aber doch ein Abbild dessen wider, wie früher alle Straßen in Städten ausgesehen haben. Kindsköpfe, also Natursteine als Straßenpflaster. Die Straße selbst ist kaum breit genug für ein Auto. Alles weitere muss man sich bei Interesse live vor Ort ansehen.
Wer das tun möchte kann sonntags in der Nähe auf dem Marienplatz parken. Kostet der unter der Woche drei Euro am Tag oder 1,50 Euro für fünf Stunden und liegt ziemlich abseits zur Innenstadt, so liegt er hier genau richtig, um in 500 Meter am Ort zu sein. Man folgt einfach der Heidelberger Straße südwärts und achtet auf die östlich abzweigenden Seitenstraßen. Nur einen Rat sollte man bei diesem Parkplatz beherzigen: fahrt langsam! Die Oberfläche gleicht einer Mondlandschaft! Vor der Renovierung vor einigen Jahren war das so schlimm dass ein Rad in manches Schlagloch hinein passte und ein normales Auto beim Durchfahren aufsetzte. Das ist heute nicht mehr ganz so schlimm, aber es reicht durchaus um sich als Fussgänger die Haxen zu brechen. Die Groschengräber wechseln nicht und nehmen nur Münzen.
Die Überbleibsel, auf die ich hier abstelle, stehen natürlich nicht an der Hauptstraße. Sie haben die Bauwut der Nachkriegszeit überlebt weil sie versteckt stehen. So wie dieses 350 Jahre alte Ensemble am Forstmeisterplatz. Gleich in der Nähe gibt es eine Straße „Im Wingert“, was auf einen Weinberg hindeutet, den es dort heute nicht mehr gibt. Dennoch sollte man nicht dem Irrtum erliegen, Darmstadt sei Flachland. Die Ausläufer des Odenwalds machen sich da schon bemerkbar, und wer da Rad fährt darf mitunter ganz schön strampeln! Apropos, am südlichen Ende des Stadtteils liegt etwas im Hinterhof die Radrennbahn, falls die mal wer sucht.
Man kann auch mit der Straßenbahn da hin kommen, wenn man sich auskennt. Ganz offenkundig ist es nicht! Vom Luisenplatz als Umsteigeknoten aus kann man entweder mit den Linien 7 oder 8 die Heidelberger Straße runter fahren und in Höhe des Prinz-Emil-Gartens aussteigen, oder östlich mit der 3. Man sieht da schon wo sich Aussteigen lohnt. Leider liegen die Haltestellen nicht immer günstig. Die 6 fährt nur unter der Woche und ist ein Schnellzug, der nicht überall hält.
Das Viertel muss man zu Fuss erkunden. Mit dem Auto da rein fahren ist nicht ratsam, mit dem Fahrrad oft schwierig, und von aussen sieht man nicht was drinnen ist. Oft sind es die alten Hinterhöfe, die Zeiten offenbaren, die heute längst verflossen scheinen. Auch wenn das Viertel nicht sehr groß ist, ich schätze mal ein Kilometer Kantenlänge, kann man dort doch einen halben Tag zubringen. Dabei lohnt sich auch ein Aufenthalt in einem der sehr schönen Cafes auf eine Tasse und ein Stück Kuchen. Sowas gibt es in den Betonburgen der neuen Innenstadt nicht mehr!
Man darf auch nicht alles wörtlich nehmen was an manchen Häusern angepinselt steht. So wie hier.
Das Plakat weist auf einen Bauernladen hin, der auch Zubehör zur Weinherstellung anbietet bzw. anbot. Heute ist da eine Buchhandlung, und bei dem Wein kann es sich ortsbezogen nur um Apfelwein gehandelt haben, denn die Trauben in den Läden kommen heute aus Südamerika. Wenn wir zum Abschluß schon beim Essen sind, die lokale Spezialität ist Handkäs mit Musik, wobei die Musik aus Zwiebeln besteht und etwas braucht bis sie sich auf halber Höhe einstellt. Ihr wisst was ich meine?