So nicht!

Es ist Sonntag, draussen regnet´s. Eine gute Gelegenheit einen Artikel zu schreiben.

Politiker nennen das, was jetzt folgt, einen Bericht zur Lage der Nation.

Manchmal ist es in der Tat Zeit, auf Zustände hinzuweisen, die seit langem vorherrschen und der gemeinsamen Arbeit abträglich sind. So mancher Umgang miteinander auch in Corona-Zeiten ist es, ohne dass es den Verantwortlichen weiter auffällt. Zumindest tun sie so.

Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass die, die im Sport und darüber hinaus Verantwortung tragen, das Risiko mindern wollen. Man muss sich jedoch fragen, ob die hierzu ergriffenen Mittel wirklich geeignet sind.

Ungeeignet sind sie dann, wenn sie undifferenziert zu Sippenhaftung führen, oder wenn sie wie hier in Grundrechte eingreifen. Man subsumiert unter „Zuschauer“ ohne nachzudenken alles, was man glaubt beim Rennen nicht zu benötigen. Klar, Gaffer und Bravorufer, also die klassisch darunter verstandene Klientel derer, die nur deshalb da sind weil es was zu sehen gibt, braucht man in der Tat nicht unbedingt.

Was aber ist mit denen, die sich selbst eine Aufgabe gestellt haben, die darüber hinausgeht?

Blogger sind nicht „Gaffer und Bravorufer“! Sie sind die, die eine Lücke stopfen, die die etablierte Presse mit ihrem Selbstverständnis gerissen hat. Ich habe hinlänglich erläutert, wieso kaum noch über Radsport, vor allem den regionaler Prägung, in den Zeitungen berichtet wird und warum diese Berichte dann bestenfalls für die lokale Leserschaft bedeutsam sind. Diese Systemfehler abzustellen liegt ausserhalb der Möglichkeiten der normalen Bevölkerung! Sie sind hier aber durchaus von Bedeutung. Hierzu gehört auch, dass nichtgewerblichen Bloggern, also jenen die mit ihren Blogs kein Geld verdienen, die Anerkennung als Presse verweigert wird. Auch von Euch!

Ich erwarte keine Dankbarkeit, aber etwas Respekt. Respekt vor einer Arbeit, die wenig öffentlich ist. Keiner sieht den Aufwand, greift aber gerne auf den Service zurück wenn er ihn braucht. Solange er da ist …

Da die Verantwortlichen im Radsport keinen Unterschied machen, wer ausser ihnen selbst, den Sportlern und deren Betreuern zu Rennen kommen darf, ergibt sich ein trauriges Bild. Es ist euch gleich, ob jemand darüber berichtet, dort Bilder macht oder einen Film davon dreht. Ich spreche nicht von der namentlichen Erfassung zur Nachverfolgung von Infektionsketten, ich spreche von der Unwägbarkeit der Situation. Der eine redet so, der nächste handelt dann anders. Auch die zuletzt beliebt gewordenen Einbahnstraßenregelungen für Zuschauer, wenn denn doch mal solche in begrenzter Zahl zugelassen sind, führen für Medienleute zu unkalkulierbaren Risiken. Will man Abstandsregeln wirklich einhalten darf man da nirgends länger stehen bleiben. Wer aber nicht bestimmen darf wo er sich wann aufhält hat auch keinen Einfluss auf Bilder, und damit ist keine planbare Medienarbeit möglich. Zudem verhindern Einbahnstraßen kaum eine mögliche Zusammenballung von Personen an den interessanten Punkten.

Die so Gescholtenen können daraus nur einen Schluss ziehen: sie sind nach der aktuellen Sprachregelung „nicht systemrelevant“!

So sei es. Daraus die nötigen Schlüsse zu ziehen erspart den Betroffenen, so auch mir, ziemlich viele Kilometer. Man braucht dann nämlich nicht mehr zu Rennen kommen, wenn erwartbar ist, dass man dort dann nicht erwünscht ist – oder zumindest dieser dringende Verdacht besteht. Jemanden als unerwünscht hinzustellen hat nun eine Qualität, die so schnell nicht vergeht. Man sollte sich gut überlegen, wen man so hinstellt.

Dieser Zustand ist nachgewiesen bei allen Rennen, die Akkreditierungsformulare nutzen, in denen die Rede davon ist, nur solche mit Presseausweis zulassen zu wollen. Damit gebt ihr zu, dass es euch nur um Kommerz geht! Das ist irreversibel, und nein, in diesen Formularen geht es nicht darum dass Pressevertreter arbeiten dürfen. Das dürfen sie laut Gesetz sowieso. Es geht um Zugang zu den entscheidenden Punkten einer Rennstrecke, zu Start und Ziel, zur Siegerehrung etc.! Wer die verweigert unterbindet die Tätigkeit! Vergleichbares gilt auch, wenn ihr in eurer Ausschreibung pauschal Zuschauer ausschließt und vom Rest kein Wort erwähnt. Wie eingangs gesagt sind Blogger keine Zuschauer! Wir müssen auch nicht mehr darüber reden wenn der Verdacht im Raum steht dort zweifelhafte Bedingungen vorzufinden. So hatte mir letztes Mal ein Verantwortlicher vom Adamstal nahegelegt dass er von mir Wohlverhalten erwarte. Das legt nahe, dass wahrheitsgemäße Berichterstattung womöglich nicht dem entspricht, was dort gewünscht ist. Werholthausen letztens hat gezeigt, dass es auch anders geht. Vom Verantwortlichen hatte ich da trotz Zuschauerausschluss eine Einladung erhalten – was die Personen an der Zugangskontrolle trotzdem nicht daran hinderte Schwierigkeiten zu bereiten, indem man plötzlich und unerwartet Bedingungen präsentierte, die vorab verschwiegen wurden. Das ist der unabdingbaren Vertrauensbildung nicht förderlich, und wie war das seinerzeit in Gilserberg, als man Start und Ziel mit Leinentüchern verhing, damit nur der offizielle Fotograf Bilder machen konnte? Auch für angestellte Pressefotografen ist Stoff nicht durchsichtig! Eine eindeutige Botschaft, über die wir hier und heute nicht mehr diskutieren müssen, und nochmal nein, ich bin nicht nachtragend. Ich habe dafür nur ein gutes Gedächtnis und bin nicht mehr naiv genug um zu erwarten dass sich daran über Nacht was ändert.

Noch wesentlich deutlicher geht es zu, wenn wie letztens in Biebertal ein Ordner plötzlich die Filmarbeit unterbindet. Da braucht man dann garnicht erst anfangen, wenn so etwas erwartbar ist!

Ihr seht, es gibt recht gute Gründe, heute und bis auf weiteres daheim zu bleiben. So entfällt heute ein Besuch in Dipperz, oder in Wiesbaden, oder in Biebertal, oder, oder, oder. Ich hätte auch an diesem Wochenende eine Doppelveranstaltung im Hochschwarzwald besuchen können, das aber aufgrund vorstehender Bedingungen gelassen. Wer nicht will der hat schon. Mit gespaltener Zunge zu reden lohnt sich nicht.

Wenn ihr das so wollt, schaut zu wer euch noch hilft – und ja, Bilder sind, auch wenn sie von Amateuren kommen, in Zeiten der zunehmend schwieriger werdenden Sponsorensuche immer eine Hilfe!

Das sagt ihr selbst, warum also handelt ihr dann nicht danach?

Kurz gefasst gebt ihr derzeit folgende Parole aus:
Danke dass du all die Jahre so blöd warst! Jetzt können wir dich nicht mehr gebrauchen weil du nach Meinung der Regierung lebensgefährlich sein könntest! Irgendwann später mal könntest du wieder willkommen sein!
Würde sich irgendwer von Euch sowas an den Kopf werfen lassen ohne sofort die Konsequenzen zu ziehen? Ich glaube kaum! Das vergangene halbe Jahr habe ich zugesehen und auf Vernunft gehofft. Es war ein Irrtum. Offenkundig gibt es nicht das geringste Problembewusstsein. Das behauptete Risiko ist nicht anders oder größer als mit jedem „Kollegen“ von Print-, Rundfunk oder Fernsehen! Die schließt ihr auch nicht aus!

So wird es das „Später mal“ nicht geben! Ich kenne niemanden, der zu einem Rennen fahren würde um vor Ort festzustellen dass alle Zusagen im Vorfeld Makulatur sind. Die Mühe kann man sich wirklich sparen.

Wer will darf in diesem Text gerne Radsport gegen so ziemlich alle anderen Sportarten ersetzen, die es so gibt. Alle handeln sehr ähnlich.