Wolfskehlen ist ein Stadtteil von Riedstadt. Ich kann auch sagen 55 Jahre Heimat.
Riedstadt ist eine kleine Stadt etwa 12 Km westlich von Darmstadt und etwa auf halbem Weg zwischen Frankfurt und Mannheim im Hessischen Ried, und wer es auf der Karte sucht wird es ohne Ortskenntnis nicht finden! Warum? Weil es im herkömmlichen Sinn keine Stadt gibt! Was es gibt fasst das Volk unter „fünf Dörfer und das Philippshospital“ zusammen, um das unschöne Wort von der „Landesklapse“ nicht zu gebrauchen. Die Dörfer wären das selbsternannte Zentrum Goddelau, darum herum Erfelden, Leeheim, Crumstadt und Wolfskehlen, und dazu eben das Hospital als eigene kleine Siedlung mit forensischer Abteilung. Die Stadt besteht also aus geografisch abgeschlossenen Dörfern mit gemeinsamer Verwaltung und Stadtrechten.
Ich habe dazu ein kleines Video gedreht. Das Backrezept ist eigentlich ganz einfach. Man nehme zwei Handvoll Einstellungen einiger markanter Stellen des Dorfes, fülle alles in eine Schüssel und rühre. Darunter legt man ein halbwegs passendes lizenzfreies Musikstück und fertig ist die Laube.
Es ist nicht das was das Touristenbüro, wenn es denn eins gäbe, als Werbung hernehmen würde. Es ist das, was man bei einem Rundgang durch das Dorf sehen kann.
Auf den ersten Blick fehlt es zum täglichen Leben an wenig. Es gibt eine kleine Bäckerei im Ortszentrum gleich neben der Kirche und ein Bekleidungsgeschäft. Die Volksbank hat jüngst ihre Filiale zum Selbstbedienungsladen ernannt, will heißen den Kassenraum weitervermietet und einen Automaten an die Tür gestellt. Alle anderen Läden wie Aldi oder Apotheke sind draussen im Gewerbegebiet, das fussläufig mindestens einen Kilometer vom Bahnhof entfernt an der Landstraße liegt und mit dem Auto einen Umweg von rund vier Kilometern erfordert. Wer nicht mehr gut zu Fuss ist hat eben gelitten! Ein Platz im Kindergarten fällt allerdings vermutlich unter Losglück, und die Beschaffenheit der Spielplätze halte ich für verbesserungswürdig. Sicher, die Stadt tut was sie kann, aber ob das wirklich reicht?
Der ÖPNV besteht aus einer Busverbindung nach Darmstadt sowie einer S-Bahnhaltestelle nach Frankfurt am westlichen Rand der Bebauung. Durchgehende Züge nach Mannheim? Fehlanzeige! Steige in Goddelau um. Wenn er klappt ist der Anschluss zwar brauchbar, aber „unsere tägliche Störung gib uns heute!“ Man kennt das! Es ist nicht völlig abwegig Bahnfahren daher als Abenteuer zu bezeichnen. Vergnügungssteuerpflichtig ist es jedenfalls nicht. Der Busverkehr neben der Linie 45 nach Griesheim mit Anschluss an die 9 nach Darmstadt ist ausserhalb der Arbeitszeiten ein Alibi, und am Sonntag sind die übrigen Dörfer der Umgebung ohne Auto faktisch nicht zu erreichen. Auch die arbeitende Bevölkerung kann ein Liedchen dazu singen. Zwar haben fast alle Busse NACH Darmstadt Anschluss an die Tram, auf dem Rückweg kann es dir aber passieren, gerade abends oder am Wochenende, dass du eine Stunde in Griesheim stehst und wartest. Da ist man fast zu Fuss schneller daheim!
Bezüglich Radverkehr steht da ein virtuelles Fragezeichen. Warum? Es ist kaum möglich das Dorf zu betreten oder zu verlassen ohne eine Brücke oder eine Unterführung zu passieren. Die Zufahrtsrampen dazu sind steil. Nichts für Eingangräder also. Die einzige ebenerdige Zufahrt ist der Radweg nach Griesheim, und da hat die Baufirma wohl die Wasserwaage daheim gelassen, so krumm und bucklig wie der im Bereich des Brückchens ist! Rennradfahrer aufgepasst, sonst droht Abflug!
Es ist also nach gängigem Verständnis fast sowas wie eine Wohnvorstadt, wäre da nicht die Frage zu was. Zur Kreisstadt Groß-Gerau jedenfalls nicht. Ja, wäre es nicht so anrüchig müsste man sagen dass seit einiger Zeit, gemessen an den anzutreffenden Autokennzeichen, der Frankfurter Speckgürtel mittlerweile mindestens 50 Km ins Umland reicht und das Ried vollumfänglich erfasst hat! Wer in Frankfurt die Miete nicht mehr zahlen kann ist bei uns oft noch ein wohlhabender Mann.
Wie lange noch?