In der Nähe von Titisee-Neustadt im Schwarzwald befindet sich ein Berg. Gut, deren gibt es dort viele, aber dieser hier hat es „auf sich“. Der Hochfirst ist nicht nur so etwas wie der Hausberg der Stadt, er beherbergt auch ein sehr gutes Gasthaus, einen Aussichtsturm und eine Startrampe für Gleitschirmflieger. Die landen dann unten, und wer nicht aufpasst eben auch mal im See.
Von der Plattform oben auf dem Turm hat man eine herrliche Aussicht auf die Umgebung, ein Bild, das man von Titisee zwar auch von unten haben kann, aber von dort an der Wiese hinter dem Gasthaus eben nicht auf den Rest. Da wäre der Wald im Weg.
So zum Beispiel gestern dieser Blick in Richtung Alpen.
In der Ferne kann man die Berge sehen, wenn auch nur durch das Fernglas. Man sieht auch die Vorboten der nahenden Schlechtwetterfront, die zum Abend hin auch von den Vogesen her auf Breisgau und Rheintal übergriff.
Nichts für Dicke!
Was zunächst nach Diskriminierung ausschaut ist nichts weiter als eine Feststellung von Tatsachen. Wer auf den dort befindlichen Aussichtsturm steigen will sollte nicht korpulent sein. Auch so wird es eng!
Der Turm ist neben seiner Aussichtsplattform vor allem Geräteträger für diverse Antennen, darunter auch eine Sendeanlage des Südwestrundfunks. Im Grunde genommen ist er nichts weiter als eine gut besuchte Stahlgitterkonstruktion mit doppelter Wendeltreppe, die man der Optik wegen mit Blech verkleidet und gegen die oft stürmische Witterung mit Drahtseilen abgespannt hat. Rauf kommt, wer im Gasthaus während der Öffnungszeiten gegen ein Pfand den Schlüssel abholt und zwei Euro Eintritt bezahlt.
Es dürfen maximal sechs Personen (wegen Corona derzeit nur vier) gleichzeitig auf den Turm. Mehr Platz ist da oben auch nicht! Wer da meint umfangreiches Gepäck mitnehmen zu müssen darf versichert sein dass man das sein lassen sollte. Auf der Treppe, oder sollte man sagen Treppchen, ist kaum Platz für einen selber, auch wenn man Modelmaße haben sollte. Gegenverkehr ist tunlichst zu vermeiden, was sich ganz unbewusst von alleine regelt, wenn man der Anschrift an den Türen folgt. Unten sieht man nicht viel davon, nur eine Tür vorne und eine Tür hinten. Da, wo man hinauf steigt, kommt man ganz von alleine nicht wieder runter.
Schon auf der Anfahrt von Freiburg her kann man ihn sehen – wenn man weiss wonach man suchen soll. Leicht rechts in Fahrtrichtung auf der B31 sieht man hinter Titisee eine Lichtung im Wald, und etwas versteckt oben auf dem Berg ein Türmchen. Das ist es. Das Gasthaus sieht man da noch nicht, das liegt etwas versteckt weiter dahinter.
Man kann den Hochfirst durchaus als Geheimtip bezeichnen, schon deshalb weil ihn nur die finden, die ihn suchen. In der Stadt führt der Weg vorbei am Bahnhof eine – ziemlich steile – Straße hinauf. Einen Wegweiser habe ich nicht gesehen.
Man kann hinauf laufen, oder biken. Kann man machen, muss man aber nicht! Man darf, das muss ausdrücklich erwähnt werden, auch mit dem Auto hinauf fahren, was sich angesichts der Orografie auch sehr empfiehlt. Allerdings ist das Sträßchen nur etwas für Geübte! Es ist schmal. Zwar breit genug für einen normalen PKW, aber bei Gegenverkehr wird es eng, und wenn sich zwei SUVs begegnen fährt einer garantiert rückwärts bis zur nächsten Ausweiche, und die sind rar! Auf den Seitenstreifen ausweichen? Nicht empfehlenswert, da geht es steil abwärts und man landet unsanft auf dem Talgrund.
Gleich um die Ecke des Gasthauses befindet sich ein kleiner Parkplatz. Offiziell als Wanderparkplatz ausgeschildert dient er doch wohl vor allen Dingen der schönen Aussicht. Wer rauf läuft oder biket und total verschwitzt oben ankommt hat daran wenig Freude, und wird sich erkälten. Oben weht immer ein gar nicht so laues Lüftchen, und die Plätze im Freien sind begehrt. In den zwei Stunden, die ich gestern dort war – obwohl Freitag und nicht Wochenende – waren die Plätze immer fast ausnahmslos besetzt! Man kann in dem Gasthaus wirklich gut essen, auch wenn Sterneküche dort vergebens gesucht wird. Gut bürgerliche regionale Hausmannskost steht auf der Karte, und Dienstags ist Ruhetag. Da kommt dann auch niemand auf den Turm, wie gesagt, denn der Wirt hat die Schlüssel ohne die nichts geht.
Gestern war Brückentag, und das hat man gemerkt. Trotz Corona war die B31 voll. Es staute sich bis hinter Freiburg, das aber nicht weil die Straße zu eng sei, sondern weil die Dorfpolitiker in Falkensteig einen künstlichen Flaschenhals eingebaut haben! Von den Ampelschaltungen auf der Schwarzwaldstraße in Freiburg brauchen wir da garnicht reden. Tempo 30 auf einer stark befahrenen Bundesstraße, die mangels Alternative jeder nutzen muss der von der Autobahn ins Hinterland will, führt bei den vielen LKW fast zwangsweise zu Stau. Da reden dann dieselben Provinzfürsten von Umweltverschmutzung? Heuchlerisch!
Angst essen Seele auf!
Zwei Dinge möchte ich zum Schluss noch ansprechen. Das eine ist nicht nur die schöne Aussicht. Es steht auch plakativ für die Sicht, die ein Drohnenpilot hätte. Die Geräte bekommt man in jeder Stadt und dort in vielen Elektromärkten quasi nachgeschmissen, benutzen darf man sie faktisch aber nicht! Was soll das? Offiziell gibt man vor, der Datenschutz sei ein Problem. Wenn ich mir das Foto von Titisee aus der Vogelperspektive ansehe frage ich mich wo es da Datenschutzprobleme geben soll! Denkt man sich den Aussichtsberg weg und statt dessen eine in eben diese Höhe aufgestiegene Drohne erhält man dieselbe Perspektive, und das bedarfsweise überall. Daran kann ich bei durchdachter Anwendung nichts Verwerfliches finden.
Das andere wäre die bekannte Zweimeterregel für Radfahrer. Gestern konnte man unbefangen sehen dass diese Regel in der Praxis regelmäßig weltfremd ist! Nicht mal alle Ortskundigen können im Detail wissen wie ein Waldweg, der anfangs breit genug ist später weiter geht, und was dann da oben aus dem Wald raus kommt sind schmale Pfade, und jede Menge Biker! Offenkundig passt da was nicht recht zusammen, und da müssen wir uns noch garnicht über die unkundigen Urlaubsgäste unterhalten, die den Wegeverlauf bezüglich der Breite nicht aus der Karte ersehen können. Auch die Gleitschirmflieger dürften ein Problem haben. Die müssen ja, nachdem sie geflogen und unten auf der als Landeplatz deklarierten Wiese gelandet sind, irgendwie wieder auf den Berg zu ihrem Auto, oder umgekehrt. Zwar gibt es hinter dem Bahnhof von Neustadt einen kleinen Parkplatz, aber ich würde mich bedanken wenn ich die kiloschwere Ausrüstung auf den Berg tragen sprich schleppen müsste! Wäre da ein Shuttleservice zumindest an Wochenenden nicht eine sinnvolle Idee? Man könnte so auch ein Überlaufen des Bergs vermeiden. Der Parkplatz oben fasst nach meiner Schätzung etwa ein Dutzend Fahrzeuge und war schon an diesem Wochentag ziemlich gut belegt. Was darf man da erst Sonntags in der Hochsaison erwarten, und das ohne dass dafür groß Werbung gemacht wird?