eierlegende Wollmilchsau

Hin und wieder kommen Leute zu mir mit jener nicht abschließend zu beantwortenden Frage:

Wie finde ich eine geeignete Kamera?

Was sie sich versprechen ist oft ein Produkt mit der sprichwörtlichen „Motivklingel“ die für alles gleich gut taugt, und dazu muss ich ganz deutlich sagen: Sowas gibt es nicht!

Grundsätzlich ist eine Kamera ein Werkzeug, ähnlich wie Hammer oder Zange. Auch da gibt es nicht DAS Werkzeug, sondern nur solches, das sich für eine bestimmte Aufgabe eignet, oder eben nicht.

Der Fragenmarathon zum Finden einer Kandidatenauswahl führt also zuerst weder ins Internet noch zum Händler, sondern auf die Couch!

Man muss sich überlegen, was man eigentlich fotografieren will. Ist das avisierte Themenfeld Reisefotografie braucht man eher etwas Handliches. Man muss es ja schließlich den ganzen Tag lang mit sich herum tragen! Fotografiert man Sport muss es robust sein. Man wird unvermeidlich hin und wieder auch mal naß! Das bedeutet aber zumeist auch groß und schwer! Man sollte dabei beachten dass das Attribut „spritzwassergeschützt“ nichts mehr bedeutet als dass leichter Nieselregen dem Body nicht gleich das Licht ausbläst, aber untertauchen sollte man sein lassen! Elektronik und Wasser vertragen sich nicht.
Wer im Studio arbeitet achtet besser auf Verbindungen zu seinem Computer. Stichwort „Tethered Shooting“. Das geht auch drahtlos, nur nicht mit jeder App. Manche ältere Modelle können noch WLAN mit FTP. Das ist zwar teuer, erlaubt aber die Weitergabe der Bilder ad hoc an einen PC im Nebenzimmer, wo ein Assistent bedarfsweise die Bilder des Kunden sofort fertig machen kann. Mit den heute üblichen Apps geht das nicht. Die kommen an ihre Grenzen wenn es mehr gilt als ein paar Fotos ins Internet zu stellen. Und so weiter.

Es gibt heute eine Vielzahl an Modellen, die im Grunde genommen alle gute Bilder machen. Das müssen nicht zwingend die Profimodelle der jeweiligen Hersteller sein. Auch die mittlere Preisklasse ist durchaus für vieles tauglich. Es gibt aber sehr wohl Unterschiede im Handling, im Bedienkonzept, in der Benutzerführung. Manche Hersteller verstecken die ihrer Meinung nach eher selten gebrauchten Dinge tief unten im Menü, andere setzen auf Knöpfe und Rädchen. Man muss für sich selbst herausfinden, was einem da besser liegt.

Wie bei Ruderbooten oder Segelyachten gilt auch bei Kamera der alte Leitsatz: Länge läuft!
In vielen Fällen gilt eben, dass das Gerät eine gewisse Mindestgröße braucht um gut in der Hand zu liegen. Ist das Modell zu klein wird es schwer es ruhig und gerade zu halten – auch wenn heutige Stabilisatoren da viel richten können. Oft kann man sich bei der spiegellosen Fraktion auch eine digitale Wasserwaage einblenden lassen, die hilft oft ungemein.

Da wären wir dann auch schon bei den baulichen Unterschieden.
Es gibt die klassischen DSLR, die digitalen Spiegelreflexkameras, auf der einen Seite, und die neueren spiegellosen Modelle auf der anderen.

Ich möchte mich auf die meistgenutzen Möglichkeiten konzentrieren. Das Mittelformat ist für Amateure eher uninteressant, weil unerschwinglich, und die Kompaktkamera wurde sozusagen vom Handy abgelöst. Letztere Möglichkeit zu fotografieren soll in diesem Artikel keine Rolle spielen, und das aus dem Grund dass man häufig die Bilder danach nicht ordentlich weiter verarbeiten oder ablegen kann. Zwar bieten fast alle Hersteller eine sogenannte Fotocloud an, wo man seine Fotos hochladen und bereitstellen kann, aber nichts schützt euch davor, dass dieser jenes Angebot plötzlich abschaltet. Was dann?

Bleiben wir also bei dem, was man „anfassen“ kann.

Von grundsätzlicher Bedeutung ist heute die Frage, ob man mit dem Gerät auch filmen will. Da will ich deutsch reden: Für mich scheiden dann alle Geräte aus, die nicht 4k-fähig sind. Warum? Filmen und fotografieren sind technisch betrachtet zwei völlig verschiedene Dinge! Video ist ein Datenstrom und eben nicht eine Ansammlung von Einzelbildern. Die Frage im Hintergrund ist, wie schnell eine Kamera die anfallenden Daten denn verarbeiten kann. Es liegt nicht am Sensor, wenn ein Modell das nicht kann, sondern regelmäßig an Prozessor und Datenbus! Heutige Modelle haben fast ausnahmslos Sensoren mit 20 Megapixeln und mehr. Selbst für 4k-Video brauchst du rein rechnerisch nicht mehr als 8 Megapixel! Dafür aber eine schnelle Verarbeitung, damit die anfallenden Daten auch rasch genug – nämlich in Echtzeit –  ihren Weg auf die Speicherkarte finden.

Was einen Fotografen vordergründig eigentlich weniger interessieren muss ist die Größe des Sensors. Sollte man meinen, ist bei näherer Betrachtung aber nicht so!
Drei Sensorformate spielen derzeit am Markt eine Rolle. Das wäre zum einen das sogenannte Vollformat in der Größe des alten Kleinbilds, zum anderen APS-C, und nicht zuletzt Micro-Four-Thirds. Insbesondere Panasonic mit seinen Lumix-Kameras spielt hier eine gewisse Rolle, weil die GH5 eben der ausgewiesene Videospezialist ist. Dafür muss man in der Rechnung berücksichtigen, dass je kleiner der Sensor ist desto rauschanfälliger ist er zumeist auch. Geht einem also das Licht aus weil es im Zimmer eher dunkel ist haben Modelle im Vollformat Vorteile. Dafür sind sie aber auch erheblich größer, schwerer, teurer! Die Formatbezeichnungen leiten sich aus der analogen Fotografie her. Damals gab es Filme mit eben jenen Abmessungen.

Nun wird es langsam konkreter.

Glaubt der Werbung lieber erst mal kein Wort! Wenn man die Annoncen der Hersteller oder Händler liest hat jedes Modell quasi eine eingebaute Lizenz zum Gelddrucken. Aber wollt ihr das? Welcher Amateur braucht eine Kamera zum Geldverdienen? Da kommt der Titel „Profimodell“ ja schließlich her.

Hier wird der verkehrte Ansatz schon offenbar, denn ob man später Bilder verkauft oder nicht hängt nicht davon ab, mit welchem Body sie aufgenommen wurden, sondern ob es dafür Bedarf gibt. Wo Bedarf ist ist wenn man will auch ein Markt, recht einfach.

Ich habe im Lauf der Jahre einige Modelle ausprobiert. Sagen muss ich deshalb auch, dass es DAS perfekte Modell nicht gibt!

Die eierlegende Wollmilchsau existiert nicht!

Für jedes Themenfeld gibt es aber mehr oder weniger taugliche Kameras. Ich möchte nachfolgend einige Vorschläge machen, sage aber gleich dazu dass das meine ganz persönliche Einschätzung ist, die auch keine Rücksicht nehmen kann auf Neuentwicklungen am Markt. Auch ich kaufe mir nicht alle vier Wochen eine neue Kamera und bekomme auch keine von den Herstellern zum Testen bereitgestellt.

Reisefotografie zeichnet sich durch Tragbarkeit aus. Weniger ist hier mehr. Weniger Gepäck, nicht Möglichkeiten.
Wer es ganz leicht mag greift hier zum Beispiel zu einer Olympus OM-D. Mit der E-M1 Mark II habe ich vergleichsweise gute Erfahrungen gemacht. Es gibt hierfür ein recht taugliches 12-100-mm-Zoom, das auf Kleinbild umgerechnet einem 24-200-mm entspricht. Das ist eine „Immer-drauf“-Optik mit ansprechender Abbildungsleistung. Diese Sorte Optiken haben aber auch andere Hersteller im Vollformat, würde es bei denen nicht an der Gehäuseentwicklung oder anderen Schwächen im Gesamtsystem kranken. Allgemein ist die Abbildungsleistung und die Lichtstärke eines Zoomobjektivs leider immer noch schwächer als die entsprechender Festbrennweiten, dafür sparen sie Gepäck.

Das Modell der Wahl für Videoliebhaber ist nach wie vor die Lumix GH5. Da gibt es wenig was der das Wasser reichen kann, auch nicht im Vollformat, wenn man vielleicht mal von der Sony Alpha 7 Mark III absieht.

Ebenfalls aus dem Hause Sony kommt das Pixelmonster, die Alpha 7R Mark IV. Mit 60 Megapixeln ist sie derzeit im Vollformat fast unschlagbar und auch bei Schwachlicht recht rauscharm. Dafür muss man gigantische Dateigrößen in Kauf nehmen und sollte sicher stellen, dass der PC zuhause damit auch klar kommt. Dass es dafür große Festplatten braucht muss ich wohl nicht extra erwähnen!

Kommen wir zum Sport.
In diesem Bereich zählt Tempo wohl mehr als vieles andere. Die alten Marktführer Canon und Nikon haben allerdings die Entwicklung etwas verschlafen, weshalb Sony da inzwischen sehr aufgeholt, wenn nicht überholt, hat. Canons EOS 1D-X ist hier immer noch konkurrenzfähig, aber auch Nikons D500 aus der APS-Ecke ist nicht Ohne. Für die klassischen DSLR gibt es auch erheblich mehr passende Objektive als für neuere spiegellose Modelle.

Dafür eignen sich diese bei allen Gelegenheiten am besten, bei denen es leise zugehen muss. Nur eine spiegellose Kamera hat eben keinen Spiegel und einen elektronischen Verschluss, sodass man diese völlig geräuschlos stellen kann. Im Theater oder auf Messen, quasi überall wo unbemerktes Fotografieren gefragt ist, wird das zum KO-Kriterium.

Nikons Spiegellose Z7 verfügt über den gleichen Sensor wie die D850 – schwächelt aber aufgrund Nichtverfügbarkeit an Objektiven. Eine Adapterlösung macht das System insgesamt träge und scheidet somit aus. Wenn das Body größenmäßig das Zubehör zum Objektiv ist merkt man wo bei den neuen Spiegellosen gerne das Problem liegt. Aus technischen Gründen sind Vollformat-Objektive eben immer noch erheblich größer als ihre aktuelleren Vettern, von den Varianten aus dem MFT-Bereich garnicht zu reden. Die sind vergleichsweise winzig, was aber ausser bei Reisen nicht immer ein Vorteil sein muss.