In der Fotografie ist Tiefenschärfe oder Schärfentiefe ein Bereich zulässiger Unschärfe. Beide Begriffe bezeichnen dieselbe Sache.
In fast jedem Lehrbuch bekommt man aufgetischt dass es einen Bereich vor und hinter der eingestellten Schärfeebene gäbe, der noch scharf erscheint. Physikalisch gesehen ist das Unfug und stimmt in der Praxis nur deshalb weil sich unser Gehirn immerfort täuschen lässt und nicht sieht was da ist, sondern was es da haben möchte!
Jedes Objektiv zeichnet genau dort scharf, worauf es justiert ist. Es gibt einen Einstellring, der die Entfernung angibt, auf die scharfgestellt wurde, zunächst mal gleich ob der Autofokus aktiv war oder ob man wie früher alles per Mattscheibe, Schnittbildindikator und Mikroprismenring scharfstellt.
Die Lehrmeinung ist auch nur eine Näherung. Man sagt, der Bereich zulässiger Unschärfe, in dem das Bild für uns Betrachter noch scharf erscheint, reiche von einem Drittel vor der Schärfeebene bis zwei Drittel nach der Schärfeebene, und bei etlichen Festbrennweiten gibt es eine Skala, die so etwas angibt. Näherungsweise. Das alles ist abhängig von der Brennweite, dem Bildformat, der Blende und der Entfernung an sich.
Man sollte da aufpassen. Das ist nichts nach der Bauart „Mein Prof hat gesagt …“. Wer Bilder mit dem Fadenzähler – einer bestimmten Art Lupe – untersucht wird Unschärfe findet wo andere sagen „Das ist doch scharf!“. Es kommt auch da auf den Anspruch an.
Dabei zeichnen allgemein Weitwinkelobjektive vermeintlich mehr scharf als lange Brennweiten, weil dieser Bereich dort scheinbar größer ist als beim Tele, und besonders viel größer als beim Makro. Das aber ist wie gesagt eine optische Täuschung, rein physikalisch gesehen.
Schaut euch das Titelbild an. Wir sehen da zwei Blüten, die in geringem Abstand hintereinander an einem Ast hängen. Die vordere erscheint scharf, die hintere schon nicht mehr. Das Bild wurde mit einem 100mm-Makro aufgenommen, einer gängigen Brennweite für solche Motive. Dass der Rest vom Baum verschwommen erscheint war erwünscht und tritt ein obwohl als Blende 11-16 eingestellt war. Ein ziemlich kleiner Wert, sonst wäre der Schärfebereich noch erheblich kleiner ausgefallen.
Das kann bei Lupenobjektiven extrem sein. Ein formatfüllendes Foto einer Ameise schaut dann so aus, dass die Mundwerkzeuge scharf sind, während der Hinterleib, mitunter sogar schon der Hinterkopf, in Unschärfe verschwimmen. Wer ein ruhiges Motiv fotografiert, das sich nicht bewegt, kann als Abhilfe im Menü der Kamera nach „Fokus Stacking“ suchen. Diese Technik produziert Stapelaufnahmen. Chips in Serie, nur ohne Kartoffeln. Da scannt die Kamera sozusagen scheibchenweise das Motiv und fügt die Teilaufnahmen per Software zusammen, sodass danach ein scheinbar vollständig scharfes Bild vorhanden ist. Es ist klar dass jede Bewegung von Motiv oder Kamera eine solche Aufnahme ruiniert.