Ein steiniger Weg? Die Absicht, alles barrierefrei zu machen, ist ja ehrenwert. Aber sie ist so, wie es da gedacht wird, nicht möglich.
Demnächst tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Die sozialen Medien sind voll mit Annoncen, in denen Dienstleistungsfirmen auf das kommende Gesetz hinweisen. Das tun sie allerdings ohne Benennung, was das Gesetz für wen bedeutet und was es bezweckt. Es wird Angst geschürt, was ein denkbar schlechter Weg ist um Kundschaft zu gewinnen.
Ich habe gesucht, und man findet bei Google folgende Anmerkungen dazu, die ich auszugsweise bemühen werde. Für mich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass mich das Gesetz bis auf weiteres nicht betrifft! Weder biete ich hier Waren oder Dienstleistungen an, noch ist das hier überhaupt eine Firma.
Das heißt nicht dass mir das Problem egal wäre. Leider ist mein Einfluss aber begrenzt. So kann ich die Software selbst nicht ändern, und ich kann es auch nicht unbedingt aus der Perspektive eines Betroffenen beurteilen. Daher werde ich mich gern bemühen mir bekannte Barrieren abzubauen, kann aber weder die gewünschte Vollständigkeit gewährleisten noch feststellen, wo es überhaupt mögliche Barrieren gibt. Dazu bedürfte es einer Anleitung oder Werkzeugen, die auch ohne besondere Ausbildung oder Geldeinsatz nutzbar sind.
Auf der Ergebnisseite von Google heisst es (Zitate, auszugsweise): „Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein Gesetz, das in Deutschland die digitale Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen für Verbraucher regelt.“. Ferner wird der Kreis der Betroffenen wie folgt benannt: „Anwendungsbereich: Das Gesetz betrifft Unternehmen und öffentliche Stellen, die Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher anbieten, wie beispielsweise Online-Shops, Apps, Webseiten und Selbstbedienungsterminals.“ Dann wäre da noch gut zu wissen: „Ausnahmen: Es gibt bestimmte Ausnahmen für Kleinstunternehmen und B2B-Angebote.“ Eine andere Quelle sagt: „Das Gesetz verpflichtet Unternehmen zur Umsetzung von Barrierefreiheit in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel dem Onlinehandel oder bei Telekommunikationsdienstleistungen.“ Zitate Ende. Die Rede ist von Unternehmen! Gewerblichen Anbietern also. Private Blogs sind demnach erst mal nicht betroffen.
Die Ziele des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes begrüße ich ausdrücklich. Man darf dabei allerdings etwas nicht vergessen, nämlich wer das wie umsetzen können soll. Um eine Barriere vermeiden zu können muss man sie erstmal als solche überhaupt erkennen, was schwierig ist da es im Internet eine eherne Regel gibt: Was der Webserver ausgibt ist keine in Stein gehauene Skulptur, es ist eine Empfehlung, die jeder Browser anders interpretiert. Es ist keinem Webmaster möglich eine bestimmte Darstellung soweit sicher zu stellen dass es dabei nicht zu Abweichungen kommen kann. Jeder Browser reagiert da anders. So sind auch die möglichen Barrieren so grundverschieden dass jemand, der nicht an dieser spezifischen Problematik leidet, das häufig garnicht als Problem erkennt. Da entwickelt der Anspruch „Barrierefrei“ eben eine bestimmte Qualität, da es real garnicht möglich ist, ausnahmslos sämtliche mögliche Barrieren abzubauen oder zu umgehen.
Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, eine weitestmögliche Barrierearmut zu wünschen? Ein solcher Anspruch wäre nicht absolut, sondern ließe Raum, Probleme so zu beheben wie sie auftreten. Oder ging es wieder nur darum, anderen Abmahngründe zu liefern? Ist es Sinn des Gesetzes, Probleme zu beheben, oder Anwälten Verdienstmöglichkeiten zu schaffen? Davon wird abhängen wie das Ganze schließlich beurteilt werden wird! Einen Webauftritt unter allen Umständen barrierefrei zu machen wird in der Praxis kaum gehen.
Mein Blog ist mit WordPress realisiert. Sucht man in vorstehendem Zusammenhang nach den Stichworten (BFSG && WordPress) erhält man, dass WordPress selbst weitgehend barrierefrei zu nutzen ist im Sinn der Erstellung von Inhalten. Gemeint ist das sogenannte Backend, den Teil also den der Webmaster sieht. Nicht gemeint ist das, was Besucher zu sehen bekommen, den eigentlichen Webauftritt also, auch Frontend genannt. Dieser wird auf Anforderung von WordPress generiert, unterfällt also nur indirekt dem Einfluss des Webmasters oder des Autors, sondern wird eher durch das bestimmt, was die erzeugende Software leistet. Das ist für unsereins eine „Black Box“, jenes ominöse schwarze Loch, wo man irgendwas reinsteckt und auf der anderen Seite was anderes herauskommt, aber niemand außer dem Hersteller sagen kann was darin geschieht. Wenn ich das nicht sagen kann kann ich es auch nicht direkt beeinflussen! Ich habe also kein Mittel um sicher zu stellen, dass alle Besucher alle Inhalte barrierefrei erleben können.
Vielleicht wird das bis zum Stichtag, dem 28. Juni, vom Hersteller mit einem Update geregelt. Ich weiss das nicht und habe darauf auch keinen Einfluss.
Das Programm selbst ist Open-Source, man könnte es also auch selbst anpassen, wenn man über Programmierkenntnisse verfügt. Leider ist das bei mir nicht in dem erforderlichen Maß der Fall. Genau an solche Leute wendet sich ja WordPress, alternativ ein anderes CMS, weil es eben dafür gemacht ist Inhalte ins Web zu stellen ohne Programmierer zu sein. Es geht hier um diese Inhalte, und nicht um Code mit HTML, CSS, Javascript oder PHP. Für Barrierefreiheit müsste man aber die Ausgabe dessen, was Normalbürger auf einem Bildschirm sehen, auf z.B. eine Braillezeile anpassen, wobei ich weder genau weiss wie das funktioniert noch eine passende Ausbildung habe, die das dafür nötige Wissen bereitstellt. Mein Beruf ist etwas anderes. Das zu verlangen entspricht dem, wenn eine Landratte ein Boot bauen soll, ohne zuvor damit jemals in Kontakt gekommen zu sein. Das funktioniert nicht!
Auf Radsport übertragen entspricht das dem, wenn der Händler euch statt einem Fahrrad einen Rohrsatz verkauft, den ihr wie ein Ikea-Möbel selbst zusammenbauen müsst. Eine Teilesammlung also, die zunächst nicht zusammenpasst. Keinen Steckbausatz, sondern eher eine Rolle Stahlblech. Bastel mal. Mit der erforderlichen Fachkenntnis und Werkstattausstattung mag das gehen. Wer sich einmal selbst damit befasst hat wird darauf kommen, dass das Spaß machen kann. Es ist aber auch ein Buch mit sieben Siegeln. Wer solche Kenntnisse nicht hat verzweifelt!