F.I.T.?
DARMSTADT – Bist du fit? Beziehen wir die Abkürzung mal nicht auf Sport. Am vergangenen Wochenende waren im Darmstadtium, dem Kongresszentrum mit eingebauter Altstadtmauer gegenüber vom Schloß, die Weitsichttage, und darin eingebaut das, was man da unter vorgenannter Abkürzung versteht: die FotoInfoTage. Zwei Stück, Samstag und Sonntag. Andere nennen das eine Hausmesse des örtlichen Fachhändlers, denn der (Teil)Veranstalter war Foto-Erhardt in der Rheinstraße.
Gut gemeint ist leider noch lange nicht immer gut gemacht. Ich bin weit davon entfernt, jemandem Schuld zuzuweisen, aber es offenbarten sich – mal wieder – branchenweite Defizite. Die findet man so oder ähnlich auch anderswo, das aber hilft dem Problem nicht ab. Fachhandel und Industrie wollen verkaufen. Das ist ihr Daseinszweck. Aber fragen die auch was die Kundschaft wünscht? Ich habe den Eindruck dass es da ähnlich läuft wie bei der Automobilindustrie. Man baut am Bedarf bzw. der Nachfrage vorbei.
Hausmessen brauchen Platz, und fanden in der Vergangenheit auch schon mal in Frankfurt in einem Festzelt auf dem Rossmarkt statt. Warum veranstaltet man sowas im Herbst bei Regenwetter, und nicht im späten Frühjahr zu Beginn einer neuen Saison? Da ist vielleicht schon die Nächste. Anderer Händler, gleiche Messe? Die Karawane zieht weiter, der Sultan hat Durst? Man trifft auf solchen Messen, die im Wochentakt von Stadt zu Stadt durch die Republik ziehen, häufig die gleichen Leute. Kommende Woche dann in Düsseldorf bei Foto-Koch in der Schadowstraße. Es lohnt sich? Da sind mindestens zwei weitere gleich um die Ecke. Es soll verkauft werden, und dafür kommen die aktuellen Zahlungseingänge zum Monatsersten in vielen Fällen gerade recht. Der eigentliche Zweck einer Messe, nämlich Beratung und Orientierung, trat dem Eindruck nach in den Hintergrund.
Es waren Vertreter zahlreicher Fachfirmen anwesend, und auch zahlreiche Fachberater. Aber leider nicht überall Expertise. Ich habe mir das angesehen, und versucht meine Fragen an die Experten zu bringen. Das Ergebnis war so vielsagend wie enttäuschend!
Sony liefert seine FX30 ohne Tragegurt aus, aber die Kamera hat Ösen. Ösen, an denen üblicherweise Gurte befestigt werden. Da solche nicht mitgeliefert werden erlaubte sich die Frage, ob man solche eventuell als Zubehör kaufen könne. Eigentlich eine simple Frage. Die Antwort des Beraters war vielsagend: „Woher soll ich das wissen?“, und dabei zeigte er auf verschiedene Koffer, die hinter ihm standen. „So werden uns die Kameras in die Hand gedrückt!“, worin unausgesprochen enthalten war „Dann seht mal zu wie ihr damit einig werdet!“. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren als sei der Mann mit seiner Aufgabe geringfügig überfordert gewesen. Es soll verkauft werden, nicht beraten. Kunden mit Fragen sind lästig. Das ist ein überall im Fachhandel festzustellendes Problem. Fachberater, die beraten können, werden immer seltener. Regelmäßig ist es besser wenn der Kunde vorher weiss was er will, und gezielt danach verlangt. Dafür aber brauche ich keinen Fachhandel, online bestellen genügt dann. Beratung braucht, wer unsicher ist was er wählen soll, und die bekommt er oft genug eben nicht. Dabei ist es mir herzlich egal welche Firmenphilosophie die Firma intern vertritt, oder wie die Schulung der Mitarbeiter aussieht. Das setzt sich fort bei der Frage, woran es liegt dass der Bildstabilisator vorgenannter Kamera Probleme macht. Vielleicht mache ich was falsch, oder habe etwas übersehen, aber ich schaffe es nicht bei der erläuterten Handhabung, verwacklungsfreie Einstellungen hinzubekommen, wie das bei Modellen der Konkurrenz jedoch möglich ist. Dazu wurde mir erläutert das liege an der begrenzten Sensorgröße. Merkwürdig dabei wäre dann nur warum das andere besser können, sind deren Sensoren doch genauso groß. Beispiel Canon. Die EOS R5C hat einen Sucher, und die so anwendbare Handhaltung wirkt wie ein biologisches Stativ. Ruhige Bilder. Ein Wunder? Eine Sony 6700 hat ebenso einen Sucher, die FX30 hat keinen. Da beobachtet man den gleichen Effekt. Allerdings ist die 6700 „ungekühlt“, was im Sommer oder bei Dauergebrauch zu Überhitzung führen kann.
Nebenan, oder besser gesagt um die Ecke war dann ein Stand von Nikon. Klein aber fein. Dort sah man live die ZR. Hatte Nikon doch die ganzen Jahre das Videofach „verschlafen“ besorgte man sich vor einiger Zeit „Expertise“, und kaufte RED. So klebt jetzt auf dieser eigentlich von RED entwickelten Kamera das Nikon-Logo. Es ist ein feines Teil. Eins mit den üblichen Schwächen, denn auch sie besteht hinten nur aus einem Monitor ohne Sucher. Wenn da die Sonne drauf scheint siehst du nichts. Das ist bei allen Modellen nach diesem Schema so. Dafür 2400 Euro locker machen? Bringt mir das was? Die Aussagen auf dem Schild klingen verlockend, doch das taten die der Konkurrenten bislang auch, und endeten nicht selten in Enttäuschungen, war die Wirklichkeit doch eine andere als die Versprechungen.
Mir scheint dass der Besuch solcher Veranstaltungen zunehmend weniger lohnt, bekommt man doch ähnlich viel oder wenig Auskunft aus den Webseiten der Anbieter. Auch die sind online so wenig ansprechbar wie live vor Ort. Wer Fragen habe wende sich an den Fachhandel. Wozu das führt haben wir hier erneut gesehen.
Das Geld fühlt sich auch bei mir wohl … und bleibt vorerst auf meinem Bankkonto. Meine Fragen blieben unbeantwortet, und solange das so ist gebe ich kein Geld aus für Lösungen, die womöglich keine sind. Sie ändern vielleicht das Erscheinungsbild des Problems, lösen es aber nicht. Ich brauche keine kompakte Videokamera wenn ich nach Meinung des Beraters dazu einen Gimbal nehmen soll, um ruhige Bilder zu drehen. Das kann ich mit der vorhandenen Hardware auch haben, ohne weitere Kosten. Dafür braucht es da mitunter einen Schrankkoffer, um die Sachen alle mitzunehmen, und das kann lästig sein. Es ist vollkommen unwahrscheinlich eine große Kamera mit Stativ und Zubehör für einen Ausflug in der Bahn mitzunehmen.


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