Fragezeichen
Juristerei, also die Wissenschaft der Rechtsfragen, ist nicht nur an der Universität wie ein See. Stille Wasser sind tief! Unergründlich.
Sie stellen jedoch wesentlich den Handlungsrahmen dar, in dem wir uns im Alltag bewegen können. So auch hier. Wer fotografiert wird auf Dauer nicht darum herumkommen, sich mit diesen Dingen zu befassen. Man wird hier mit Fragen konfrontiert, die in der Praxis nicht selten unanbringlich sind, will heißen wer versucht sie wörtlich anzuwenden kann damit gleich wieder aufhören. Es ist eben nicht möglich, und warum das so ist will ich in diesem Beitrag erörtern.
Der grundsätzliche Zweck von Gesetzen muss sein, ein gedeihliches Miteinander zu ermöglichen, und nicht es zu unterbinden! So wie manches da geschrieben ist liegt der Eindruck nahe dass es nicht dazu dient, Probleme zu lösen, sondern solche zu schaffen indem man Egoisten ermöglicht, ihren Egoismus auf Kosten der Allgemeinheit auszuleben. Genau das aber kann nicht der Sinn dabei sein.
Da ist einmal das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Es sagt im wesentlichen, alle Webseiten haben ab dem Stichtag barrierefrei zu sein. Das sagt sich so leicht. Tatsächlich aber ist das kaum möglich, eben weil die Art von Barrieren sich im Alltag sehr unterschiedlich darstellt. Man kann sicher eine Seite für Screenreader, also Leseprogramme, darstellbar machen. Sehbehinderte können sich den Text vorlesen lassen. Aber wie ist das mit Bildern oder Filmen? Man kann sie umschreiben. Aber wie genau soll man das machen wenn der Betrachter nicht weiss was da zu sehen ist? Wie soll man z.B. den Eiffelturm beschreiben wenn ein Besucher nicht weiss was das ist? Im Prinzip ein Stahlgerippe. Die Aussagekraft solcher Umschreibungen ist aber gleich Null!
So trifft man beim Ersatz von Medien auf verschiedenste Probleme, die Laien nicht lösen können, und wer Systeme wie WordPress nutzt macht das ja regelmäßig deswegen weil er sich mit Programmierung nicht auskennt.
Wer von seinen Mitmenschen etwas verlangt was für diese absehbar unanwendbar ist schließt sie aus, und schafft damit praktisch eine Barriere, mit der er eine andere Barriere auflösen will. Wo könnte hier ein Problem sein? Im Wesentlichen liegt es da, wo Leute von Dingen reden, die sie selbst nicht aus eigener Anschauung kennen. Eben hier Politiker über Webseitenerstellung, oder über Fotografie.
Vergleichbares gilt eben auch da. Du sollst als Fotograf erstmal alle um Erlaubnis fragen bevor du Bilder machen darfst? Okay, hört sich gut an. Mach das mal auf dem Marktplatz, wo neben dir gewöhnlich hundert andere herumstehen, darunter ein Gutteil Touristen die dasselbe wollen wie du selbst, und denen du nicht gut aus dem Weg gehen kannst! Es wird zum einen stets jemand dabei sein der zu allem Nein sagt, und zum anderen wirst du damit nicht fertig. Du wirst also erleben wie es ist wenn man vor lauter Fragen nicht mehr zum Fotografieren kommt! Praktisch ist es eine lautere Absicht, aber ebenso unanwendbar.
Ähnlich bei Sportveranstaltungen wie Volksläufen oder Radrennen. Die finden in aller Öffentlichkeit statt, überwiegend jedenfalls. Die Sportordnung verbietet Zuschauern wie Fotografen erstmal jeden Eingriff in die Veranstaltung, zum anderen stehen nicht alle Zuschauer bei Start und Ziel. Wie sollen die alle Sportler einzeln befragen wenn sie das nicht dürfen? Die eine Forderung schließt die andere aus! Zudem werden Starterlisten „amtlich“ geheim gehalten, man erfährt regelmäßig nicht, oder viel zu spät, wer da teilnimmt. Ebenso unterliegen die Adressen der Teilnehmer dem Datenschutz. Wie aber sollst du die Leute um Erlaubnis fragen wenn du ihre Anschrift nicht wissen darfst? Das eine schließt das andere aktiv aus.
Der Sport teilt der Bevölkerung auf diesem Weg etwas mit: Wir wollen euch hier nicht dabei haben! Das bewirken schon Zusätze in den Ausschreibungen wie, nur der Veranstalter dürfe fotografieren und Bilder nutzen. Wer das so sieht sagt deutlich dass er keinen Besuch wünscht!
Es ist kein Zirkelschluss wenn das dann so interpretiert wird, als habe da wer etwas zu verbergen, ist es doch so dass ausgewählte Berichterstatter durchaus zugelassen werden. Das sind oft solche die dem Veranstalter nach der Feder schreiben, denn in den Artikeln ist selten ein kritisches Wort zu lesen. Also wie immer Friede, Freude, Eierkuchen? Wer mal da war kann wissen wie die Wahrheit aussieht, wenn wieder das halbe Feld gestürzt war und nicht wenige im Krankenhaus landen. Darüber soll die Allgemeinheit nichts erfahren?
Erwartet man wirklich was da geschrieben steht? Dann gibt es entweder keine Rennen mehr weil die Anwohner wild werden, oder es kommt zu Szenen wie wir sie zuletzt aus anderen Gründen bei der Vuelta gesehen haben. Da standen Scharen an Demonstranten mitten auf der Straße, haben diese blockiert, weshalb das Rennen abgebrochen werden musste.
Es kann auffallen, dass immer weniger Zuschauer zu den Rennen kommen, und wenn Zuschauer da sind sind das überwiegend Betreuer der Fahrer oder deren Angehörige. „Unbeteiligte“ bleiben derzeit weitgehend weg, und die mutmasslichen Gründe dafür sind hier zu suchen. Sport, bei dem du dich gegängelt fühlst und nichts darfst macht sich unattraktiv, da kann das eigentliche Geschehen so interessant sein wie es will. Auch die „offizielle“ Presse berichtet fast nicht mehr, und wenn stehen die Zeitungen für Nichtabonnenten regelmäßig hinter Bezahlschranken und sind somit nicht lesbar. Für Interessenten von ausserhalb des Erscheinungsgebiets ist solche Berichterstattung wertlos. Man kann eben nicht alle Zeitungen der Republik abonnieren, nur weil einmal im Jahr ein wichtiger Bericht drin steht. Da würde man alles Geld nur noch für Presseprodukte ausgeben, was keiner kann.
Themenbezogene Blogs sind aber „verdächtig“. Die schreiben ja was sie selbst sehen, hören oder lesen! Und nicht unbedingt das was die zuständige Fachabteilung lesen will. Nicht wenige Vereine oder Veranstalter verhalten sich dann auch dementsprechend, fordern Hörigkeit ein und akkreditieren nur wer ihnen genehm ist. Auch das wird registriert, und die Leute reagieren darauf. Anders als offiziell gewünscht.
Die offizielle unausgesprochene Botschaft ist heute: Du sollst nichts ausser dein Geld abliefern. Halt den Mund, bleib zuhause. Und genau das machen die Leute auch. Es bringt sich niemand mehr ein, es fehlt allerorten an Helfern. Kein Wunder, wenn man unter Helfern eben nur nützliche Handlanger versteht, die ansonsten nur brav die Klappe halten sollen.
Wer kritisch denkt und zu verschiedenen Dingen eine eigene Ansicht vertritt hat da sowieso einen schweren Stand, da mag diese Ansicht so gut begründet sein wie sie will.