Betrachte ich dieser Tage die Lage im deutschen Sport kommen mir unweigerlich Heinrich Heines Nachtgedanken in den Sinn!
Denk‘ ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht!
Zwar konnte Heine noch nichts von dem wissen, was uns heute so umtreibt, der Sinn des Zitats passt aber schon. Der Reihe nach:
Am letzten Wochenende waren zwei Rennen, Schrecksbach und Bensheim. Beide könnten sinnbildlich für das stehen, was ich ansprechen möchte. Kommendes Wochenende konkurriert die Schmelzmühle mit der Sauerlandrundfahrt und der DM Berg im Rahmen des Sauerländer Bergpreises. Vergleicht man weiss man wo man hinfahren könnte.
Es sind inzwischen in den sozialen Medien verschiedene Bilder aus Bensheim aufgetaucht, und sie zeigen alle eine Tatsache, die nach dem „Parkplatzdrama“ zu erwarten war.
Zuschauer waren keine da!
oder um es platt auszudrücken: Wer nicht will der hat schon!
Ich habe ein Bild dabei gefunden, das sogar beim Laufradrennen, dem in dieser Hinsicht Bestbesuchten, nur ein klägliches Spalier an Zuschauern am Ziel zeigt, und man darf eben dabei davon ausgehen dass je Kind ein Elternpaar anwesend war. In dem Alter sind die noch nicht alleine unterwegs. Das waren also vermutlich alles Eltern, sonst Fehlanzeige. So eine absolute Leere hinterm Zaun habe ich bislang nirgends gesehen, und ich glaube kaum dass die Bilder so täuschen.
Das ist schade! Jammerschade!
Aber anscheinend will das wer so. Die Diskussion, wer das sein könnte, und warum, werde ich nicht anfangen. Das könnt und müsst ihr selbst klären. Bitte nehmt die Zusammenhänge endlich ernst und handelt, solange ihr noch Gönner habt! Die schauen dem auch nicht ewig tatenlos zu. Es sind nicht die Menschen, die den Sport satt haben. Es sind die Menschen, die die Gängelei satt haben! Es interessiert nicht wer sich politisch welche Art Anreise wünscht. Gibt es keine Parkplätze kommen die Leute nicht, und sie werden es sich merken. Es genügt nicht wenn nur Sportler und Teams da sind!
Interessant dabei ist, dass ein dem sehr ähnliches Problem heute im Bergsträßer Anzeiger aufgegriffen wird, und zwar die Klassenfotos bei der Einschulung. Entfernt betrachtet haben diese Dinge wenig miteinander zu tun, doch das täuscht! Es handelt sich auch da um eine „Sponsorenmassnahme“, die Bilder, die es seit Jahren gibt, wurden bislang von den Zeitungsfotografen gemacht und von der Sparkasse bezahlt. Im Sport ist das ähnlich. Rennen gibt es nur weil Sponsoren, allen voran die örtlichen Geldinstitute, Mittel springen lassen. Da gibt es also mehr Parallelen als auf den ersten Blick erscheinen, und es könnte durchaus auch so enden wie in dem Beispiel, wenn der Entwicklung mit Eigennutz und Egoismus kein Einhalt geboten wird.
Das mit den Bildern ist nun vorbei, weil ein Elternpaar sich bei der Behörde beschwert hat! Erst zustimmen dass Bilder gemacht werden, und dann Zeter und Mordio rufen ist genau das, was ich unter Rechtsmissbrauch verstehe. Das ist vergleichbar damit, sich beim Rennen zu beteiligen, aber danach als Sieger zu erwarten dass nicht darüber berichtet wird. Diese Leute denken nicht eine Sekunde an ihre Mitmenschen, sondern nur an sich selbst. Mich erinnert das an den Rechtsmissbrauch, den die DSGVO seit 2018 bietet, wo doch vermeintlich jeder das Recht hat, anderen Bilder zu verbieten. Da braucht man sich dann für das Thema auch nicht mehr interessieren, und wenn man dann noch zum Besuch solche Probleme gemacht bekommt bleibt man zuhause. Bei einer Feier genauso wie beim Sport. Das ist so einfach!
Der Zuschauermangel hat Gründe, wie ich schon mehrfach sagte.
Derweil kann man auch die Ergebnisse vom zweiten Rennen des Hessen-Berg-Cups, dem Bergzeitfahren zum Knüllköpfchen, googeln, und oh Schreck, man findet „Listen“, bei denen kaum das Papier schmutzig wird. Einstellige Teilnehmerzahlen, kaum mehr als 6 Fahrer je Klasse, mitunter nur zwei, im Vorfeld keine veröffentlichten Meldelisten, in einer Klasse musste man nur ankommen um Bezirksmeister zu werden. Ich will ja nicht hetzen, aber könnte es sein dass es auch dafür Gründe gibt? Wie man sich bettet so liegt man. Ich erinnere an euer Verhalten letztes Jahr!
Auf der Webseite zum Cup gibt es ja noch mehr Neues. Das Finale in Fulda ist mittlerweile abgesagt, Grund unbekannt, zuvor wurde bereits am Samstag das Bergzeitfahren in Spangenberg gecancelt, und das letzte verbleibende Rennen in einer Woche an der Schmelzmühle hat ja schon durch die Blume erklärt, inkognito bleiben zu wollen. Man hat keinen einzigen Parkplatz und verbittet sich Versuche einer Annäherung mit PKW. Wie anders sollen Medienvertreter da hin kommen? Fliegen? Der Start ist unten, das Ziel Kilometer weiter oben auf einem Berg. Berichterstattung ohne fahrbaren Unterbau ist da kaum möglich. Aber gut, regional sind da ohnehin andere „zuständig“ – na dann macht mal!
Die Botschaft spricht sich herum!
Es darf kaum wundern, dass wer seine Zuschauer für unerwünscht erklärt, bald keine mehr hat. Das muss nicht in Worten geschehen, Symbolik und Ansagen tun es auch. Man nennt das schlüssiges Verhalten. Keine Parkplätze, keine Meldeliste, geheimgehaltene Teilnehmer, Veranstaltungsorte, die Normalbürger nicht ohne weiteres erreichen können. Was soll man davon halten? Aber dann bitte hinterher nicht jammern!
Kommen wir zum Abschluss zu einem „systemimmanenten Irrtum“. Ich spreche von Rad-Net.
Das amtliche Organ des BDR hat eine Webseite, und über die läuft bei vielen Rennen die Anmeldung. Gedacht ist das Prozedere für die Meldewarte der Vereine, ganz klassische Ansicht. Die Sportler sind ja nach Ansicht des BDR alle in Vereinen organisiert und haben alle eine Rennlizenz. Die sagen also ihrem Sportwart wo sie fahren wollen, und der meldet sie dann an. Soweit so gut. Leider erfährt so niemand ausser dem WA, dem Wettfahrausschuss, wer da am Start steht. Zugleich aber verlangt mehr oder weniger indirekt die DSGVO, dass jeder Fotograf oder Filmer erstmal alle einzeln und schriftlich um Zustimmung zu Bildern bittet.
Wie soll das gehen?
Wer ist da so irre zu verlangen dass man eine unbekannte Anzahl unbekannter Sportler irgendwo im Dorf oder Stadt suchen geht? Dafür ist keine Zeit. Man weiss auf diesem Weg doch erst wer da ist wenn die einige Minuten vor Start an der Linie stehen, und da wäre eine solche „Fragerunde“ ein – nach den Bestimmungen der Sportordnung verbotener – Eingriff in die Veranstaltung! Zumal zu der Zeit, zu der man theoretisch fragen könnte, regelmäßig andere Rennen laufen, deren Teilnehmer sich hinterher ebenso regelmäßig auch Bilder wünschen. Wer von euch kann sich verteilen um alledem nachkommen zu können? Die Bestimmung macht schon Sinn, sonst würde jeder Heiopei auf der Strecke rumturnen, aber beide Bestimmungen sind so inkompatibel dass es jeder Beschreibung spottet!
Abhelfen könnte man dem schon, indem man Adressen in die Meldelisten aufnimmt und diese zwingend 14 Tage vor dem Rennen schließt und veröffentlicht. Dann könnten die infrage kommenden Medienvertreter, auch Blogger, jedem eine Mail schreiben und um die gewünschte Zustimmung bitten. Das aber verbietet der Datenschutz, genau jener der ursächlich danach verlangt.
Darin liegt ein weiterer Grund, warum Interessierte der Veranstaltung fern bleiben. Wer sich nicht erwünscht fühlt wird sich den Besuch dreimal überlegen, wenn man ihm Dinge zumutet die man selbst nie ernsthaft in Erwägung ziehen würde.
Deutschland ist ein Irrenhaus, und hier ist die Zentrale?
Wen wundert das noch wirklich? Mich nicht! Man will das Richtige mit den völlig ungeeigneten Mitteln, und erhält einen Totalschaden!
Man könnte dem abhelfen, indem man eine Bestimmung in die Sportordnung aufnimmt, dass alle mit ihrer Anmeldung zustimmen, dass bei den Rennen Bilder und Filme entstehen, und das durch jedermann. Wer das nicht will kann dann eben nicht mitfahren, aber das leidige Thema DSGVO wäre dann vermutlich entschärft. Ob es ausreicht um das zerstörte Vertrauen zurück zu gewinnen müsste man sehen. So aber lauft ihr sehenden Auges auf den Abgrund zu, denn:
Keine Zuschauer, keine Berichterstattung > keine Sponsoren!
Das ergäbe eine Kettenreaktion, denn ohne Sponsoren gäbe es keine Rennen, und ohne Rennen keinen Sportbetrieb, der Daseinszweck der Vereine ist. Alles würde in vergleichsweise kurzer Zeit zerfallen! Sportler, die nur zum Vergnügen privat durchs Land fahren brauchen keinen Verein, keine Strukturen. Das sieht man ja überdeutlich in der Jedermannszene. So wie bei den Schulkindern, die aufgrund des Veto eines einzigen Elternpaares jetzt allesamt keine Erinnerungen an ihre Einschulung mehr haben.
Will man das so?