Kaffeesatz und Blumenwasser

Foto: Symbolbild – Im Kaffeesatz kann man lesen, und Blumenwasser ist unbekömmlich. Inzwischen sind die ersten Bilder vom gestrigen Radcross auf Instagram zu sehen. Dank an die „üblichen Verdächtigen“.

Was kann man da nun sehen? Streng genommen das, was erwartbar war. Guter Sport, tolle Sportler, und das alles vor leeren – oder fast leeren – Rängen!

Verwundern darf das nicht. Es war zu erwarten.

Wie das gestern mit den Parkplätzen war habe ich versucht zu schildern. Das ist nicht nur in Bensheim so. Fast überall hat sich unter Politikern die Meinung breit gemacht, die Leute könnten fliegen. Es gibt kaum brauchbaren ÖV, zu Fuss kommen können nur die, die am Ort wohnen, und mit dem Auto kommen soll man ja der Umwelt wegen nicht.

Wenn man keine ausreichende Anzahl Parkplätze anbietet, den ÖV von der Veranstaltung weg leitet oder ganz einstellt, die Leute gängelt oder die Erreichbarkeit der Veranstaltung untergräbt kommen keine Besucher. Ganz gleich ob Konzert, Jahrmarkt oder wie hier eine Sportveranstaltung. So einfach ist das! Entweder fühlt man sich dort willkommen, wozu auch das Umfeld gehört, oder bleibt weg.

Wer also kommt noch? Die Teilnehmer, die mit der Veranstaltung betrauten Personen, und deren Begleiter. Betreuer, Fachpersonal, die Jury. Das „kleinste Gemeinsame“, ohne das es nicht geht.

Schon seitens der Presse ist wenig Beteiligung zu erkennen. Ich weiss nicht ob gestern wer von der Zeitung da war, im Fernsehen gab es keinen nennenswerten Bericht. Das war erwartbar, wenn absehbar „das Ausland“ gewinnt und deutsche Sportler von persönlichen Erfolgen abgesehen keine erhebliche Rolle spielen. Das mag denen und ihren Leistungen gegenüber despektierlich klingen, entspricht aber der Faktenlage gegenüber denen, nach denen sich die Redaktionen der Medien richten, und das sind nun mal vorwiegend die Fussballfans. Sendezeit kann man auch nur einmal vergeben, und da fällt Radsport halt leider hinten runter wenn es nicht gerade Vuelta oder Tour de France ist!

Diese Dinge können bekannt sein. Warum also tun Veranstalter nicht alles was sie tun könnten um daran etwas zu ändern? Warum holen sie nicht wenigstens die mit ins Boot die ihnen helfen könnten? Weil sie sich zu fein sind! Das haben die Reaktionen der vergangenen Jahre nur zu deutlich gezeigt. Wir sind wir und uns kann keiner? Die meisten Veranstalter entstammen einer Zeit, als Größen wie Jan Ullrich die Tour gewannen, und gehen heute mit ihrem Publikum um als ob sie immer noch aus dem Vollen schöpfen könnten. Damals standen die Leute in Fünferreihe Spalier. Heute darf man froh sein wenn die unmittelbaren Betreuer der Teilnehmer den Weg finden. Ansonsten ist da nichts mehr, und es darf bei dem Umgang nicht wundern!

Der Zuschauermangel hat Gründe!

Wir haben das doch am 1. Mai erst gesehen. Statt die Leute in den Taunus zu fahren damit sie nicht die Straßen mit PKW vollstellen hat man sie einfach „ausgesperrt“! Ja, man muss es so nennen. „Wir brauchen allen Platz für uns!“ hiess es da, wenn auch mit anderen Worten. Was meint ihr wie das denn wirkt? Das bleibt doch nicht bei diesem Rennen hängen! Hochnäsige Bemerkungen wie, man könne ja kilometerweit auf den Feldberg wandern, tun das ihre dazu. Das war pure Arroganz, und die ist in diesen Kreisen weit verbreitet. Solche Eindrücke färben auf den gesamten Radsport ab!

Als „interessierter Unbeteiligter“ bekommt man Schwierigkeiten ohne Ende bereitet, überhaupt in die Nähe einer Veranstaltung zu kommen. Entweder werden Straßen komplett gesperrt, ohne Durchlass, der Verkehr weiträumig weggeleitet, ÖV eingestellt – oder es findet da statt wo eh niemand freiwillig hingeht. Wie erlebt z.B. auf einem Truppenübungsplatz. Oder wie bei der Deutschlandtour, als es hiess für Zuschauer sei im Schwarzwald kein Platz. Da war man schön unter sich und wurde gewiss von niemandem gesehen. Auch das, eine Form von Medienkontrolle. Man kann so sicherstellen dass ja keine falschen Eindrücke in die Welt gehen.

Anscheinend ist das so gewollt.

Solche Vorwürfe sind nicht immer und nicht nur an den Veranstalter gerichtet. Auch die Kommunen und Behörden tragen ihren Teil dazu bei. Wer liesse sich denn andauernd sagen, er dürfe nichts und sei nichts wert? Staatsverdrossenheit hat Ursachen, so wie man da mit den Bürgerinnen und Bürgern umgeht. Hier sind einige davon. Bürgerjournalismus wird nur zugelassen wo er der eigenen Propaganda nutzt, und ansonsten unterbunden.

Das Fatale daran ist, dass Probleme, Umgang und Mängel erwartbar geworden sind. Man muss damit rechnen, dass das immer und immer wieder so vorkommt. Bei einem Rennen willkommen zu sein ist die große Ausnahme geworden. Man darf es nicht mehr voraussetzen oder als gegeben annehmen!

Vielen Sportlern fällt das anscheinend nicht weiter auf. Die werden ja gebraucht und daher offenkundig auch ordentlich behandelt. Deren Geld wird gebraucht, genauer gesagt. Ohne Sportler keine Vereine und ohne Vereine keine Verbände, die ihre Macht daraus beziehen, und die ohne das Geld aus diesem Geschäft mittellose Kirchenmäuse wären.

Um genau zu sein ist es weniger das Startgeld der Sportler als die Geldmittel, die man von Sponsoren einnimmt. Zuwendungen und Sachleistungen ermöglichen die Veranstaltungen doch erst, und da muss man sich doch fragen an wen sich die Angebote der Sponsoren richten. An die Verbände wohl eher nicht. An die Vereine und deren Sportler vielleicht. Vor allem aber richten sie sich doch an das Publikum, die Gegenleistung für Sponsoring ist Werbung! Ist kein Publikum in nennenswerten Umfang da verpufft die Werbung ins Nichts. Jeder Volkswirt könnte dazu Bücher schreiben. Ohne die passende Gegenleistung ist ein Ende des bisherigen Sponsorings absehbar. Von da her wäre es in eurem Interesse, den Zuschauermangel aktiv anzugehen. Ich denke nicht dass die Leute des Sports an sich überdrüssig geworden sind. Es ist die Gängelei, deren sie überdrüssig sind!

Auch ich habe derweil beschlossen, die meisten Rennen nicht mehr zu besuchen. Entweder sie sind zu weit weg dass sich der Aufwand lohnen könnte, oder man weiss schon dass man dort nicht erwünscht ist, oder es wurde bei den letzten Austragungen eine entsprechende Selbstdarstellung gewählt dass dieser Eindruck unvermeidbar war.

Man behandelt seine Freunde und Gönner wie Menschen dritter Klasse! Du darfst hier nichts, du darfst da nichts, du stehst hier im Weg, du stehst da im Weg! Niemand lässt sich das so sagen!

Daran könnt ihr was ändern! Wenn man will dass die Menschen kommen dürft ihr ihnen nicht auch noch Probleme damit bereiten. Statt einer Willkommensatmosphäre herrscht bei den Rennen, jedenfalls bei vielen, eine Stimmung wie zwischen Herr und Diener, wenn nicht zwischen Meister und Sklave. Wer den Eindruck gewinnt jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen bevor man was sagt sagt lieber nichts, fragt nichts, und kommt nicht mehr wieder. So wurden die Zuschauerzahlen Jahr um Jahr weniger, und sind heute da wo sie kaum noch weniger werden können: bei nahezu NULL!

Ich kann auch fragen, was mich veranlassen sollte ein Radrennen oder eine sonstige Sportveranstaltung zu besuchen, wenn ich dort erwartbar als Fussabtreter behandelt werde. Deutschland ist voll mit schönsten Fotomotiven, da muss ich mich nicht euch gegenüber für mein Dasein rechtfertigen! Stuttgart, Mannheim, Schwäbisch Hall, Rothenburg ob der Tauber – es gibt mehr schöne Orte in nächster Umgebung als man an Wochenenden im Jahr Zeit hat, und da lohnt sich absehbar jeder Kilometer Weg. Kein Touristenbüro würde auf die Idee kommen seinen Gästen, die schließlich ihr Geld da lassen, ohne jeden Grund Steine in den Weg zu legen. Ihr aber tut das mit erkennbarer Freude jedes Mal, und sei es nur das Machtgehabe mit der DSGVO!