Freiburg im Breisgau

Freiburg ist immer eine Reise wert! „Du bist in Freiburg wenn …“
Ein Satz den die Fremdenverkehrswerbung gern verwendet, und ich antworte darauf: Du bist in Freiburg wenn der Weg auf den Schloßberg einem Truppenübungsplatzaufenthalt gleicht!

Ich beziehe mich dabei auf die Physik. Es gibt zwei Möglichkeiten, da hinauf zu kommen. Entweder mit dem Schrägaufzug, oder zu Fuss. Was in Stuttgart die Stäffele sind – eine Reihe ziemlich steiler Treppen – gibt es in Freiburg in weitgehend barrierefreier Form, nämlich ohne Treppenstufen. Die Folge sind Wege, die so steil sein können dass die Hangabtriebskraft mit der Gleitreibung deiner Schuhsohlen konkurriert. Vorsicht bei Glätte, oder: Runter kommen sie immer!

Oben wartet auf halber Höhe der Kanonenplatz mit einer herrlichen Aussicht, und wer da noch nicht platt ist darf auch noch etwas weiter steigen und findet gut versteckt einen Aussichtsturm. Die Rundsicht da ist noch etwas besser. Mir genügte gestern aber dieses Panorama:Das Bild zeigt die süd- bis südöstlichen Stadtteile in etwa von der Wiehre bis ins Dreisamtal.  Wer in Freiburg am Hauptbahnhof ankommt muss sich entscheiden. Man kann die Stadtbahn nehmen, oder wandern. Ich empfehle letzteres. Freiburg kann man durchqueren, aber nicht erfahren. Man muss es erwandern!

Die Altstadt von Freiburg ist nicht groß, räumlich gesehen. Vom Hauptbahnhof kommend sind es nur drei, vier Haltestellen mit der „1“, dann ist man am Schwabentor „hinten wieder draussen“. Das wäre aber schade, denn es gibt dort viel zu sehen. Was dem eiligen Touristen kaum auffällt sind zahlreiche enge Gässchen, fast Durchlässe, durch die eine korpulente Person nur mit Mühe durchpasst. Bei Gegenverkehr wird’s kritisch! Aber in jedem davon ist Platz für – ein Bächle. Das sind offene, selten abgedeckte Rinnsale, in denen früher der Sage nach der Abfall aus der Stadt geschwemmt wurde. Sie beziehen ihr Wasser aus der Dreisam, einem mitunter garnicht friedvollen Gewässer. Im Sommer ist es aber gern besuchter Aufenthalt und Abkühlung mit verschiedenen wilden Badestellen. Flach aber reissend wie manche anderen Schwarzwaldflüsschen auch.

Samstag Morgens ist der Münsterplatz in der Regel sehr gut besucht, sprich rappelvoll. Da ist Zeit für den Münstermarkt, ein Wochenmarkt der über die Region hinaus zu Recht bekannt ist. Sowas gibt es sonst höchst selten. Rund um das Münster stehen in Sektoren aufgeteilt die verschiedensten Waren zum Verkauf, von frisch gebackenem Brot über Blumen bis hin zu allerlei „Tand“. Es gibt nichts was es da nicht gibt! Ans Münster angelehnt stehen in der Mitte dessen aber zweimal vier Buden mit „langen Roten“. Gemeint sind keine Spezialdemokraten, sondern Würste vom Grill nach badischer Art. Die kosten überall dasselbe, nämlich 3,30 Euro. Marktwirtschaft auf Freiburger Art. Nun gibt es aber nicht nur diesen Markt. Freiburg zeichnet sich trotz aller Änderungen der jüngeren Vergangenheit durch zahlreiche sehr schöne kleine Läden für nahezu jeden Bedarf aus. Nur eine gut sortierte Fotohandlung habe ich dort leider nicht gefunden. Die Betonung lege ich dabei auf „gut sortiert“!

Das Titelbild zeigt den Münsterturm aus einer Perspektive, wie man sie mit einem langen Tele vom Kanonenplatz aus haben kann. Eine Turmbesteigung ist derzeit wegen Corona nicht möglich. Die meisten dieser Bilder sind gestern mit einer Olympus OM-D E-M1 Mark II entstanden, einem MFT-System, dessen Objektive nebst Zubehör vom 8mm-Fischauge bis zum 400mm „langen Eisen“ in einem Tagesrucksack Platz finden. Das Panorama stammt aus einer GX9. Die liefert das instant, da muss man hinterher nicht stitchen. Schönes Wetter vorausgesetzt steht dem Einsatz nichts entgegen, auch wenn MFT-Systeme bei Schwachlicht leicht anfangen zu rauschen. Da muss man abwägen, und gestern war Kaiserwetter.

Wo Licht ist gibt es naturgemäß auch Schatten, wobei die Schatten diesmal weniger bei der Fotografie lagen, sondern bei der Reise.

Der Weg nach Freiburg ist von mir aus gerechnet rund 250 Km lang, das macht also hin und zurück 500 Kilometer. Mit dem Auto durchaus machbar, aber rein verkehrstechnisch nicht notwendig. Mit der Bahn bekommt man das – auf dem Papier – bequem in gut drei Stunden für 50 Euro, so man eine Bahncard hat.

Nun ist das mit der Bahn leider so eine Sache. Was auf dem Papier steht ist das eine, die Realität garnicht selten etwas völlig anderes. So auch gestern wieder, und über die Zeit betrachtet war es weniger die Ausnahme, sondern die Bestätigung der Regel! Ich will ja niemandem böse, aber die Häufung bestimmter Probleme ist nicht zu leugnen. Auf der Hinfahrt fuhr von Mannheim bis Freiburg ein ECE, ein wie es im Bahnjargon heisst Eurocity-Express. Real war das ein italienischer ETR. Dessen Ziel war Mailand. Ob er dort angekommen ist?

Auch Trenitalia hat schöne Züge, aber ihr wisst garnicht wie bequem man es in einem deutschen ICE haben kann! Im Vergleich dazu ist der ETR eine Sardinendose. Alles drei Nummern schmaler, selbst der Mülleimer passt nur unten zwischen die Beine weil am Fenster dafür kein Platz mehr ist, und was nützt es derzeit die Ein- und Ausgänge zu trennen wenn der Gang dazwischen ein Schlupfloch ist? Aber an jeder Tür hängt ein Desinkektionsmittelspender.

Nebenbei, wenn die Bahn sagt, man rechne mit mittlerer Auslastung, kann das im Realfall wie gestern heissen dass der Zug in Wahrheit rappelvoll ist wie der zuvor beschriebene Münstermarkt. AHA-Regeln – was ist das? Bis kurz vor Offenburg ging alles gut. Dann legte der Zug unvermittelt eine Vollbremsung hin, und nach rund zehn Minuten kam dann eine Durchsage. Der Zugführer liess mitteilen dass der Zug defekt sei! Was dann folgte kennt man sonst von Computern. Nach zehn Resets ging es langsam weiter, und wir erreichten Freiburg mit knapp 20 Minuten Verspätung. Nebenbei, Fernverkehr dieser Art kann auch heissen dass der internationale Fernzug in Ringsheim – einem Bahnsteig im Nirgendwo – hält damit fünf Leute den Bus zum Europapark kriegen. Das war aber noch nichts verglichen mit dem was die Rückfahrt bringen sollte.

Nach einem anstrengenden aber ergebnisreichen Tag war ich rund eine Stunde früher am Bahnhof als geplant, und ich hätte genauer hinsehen sollen. Die Fernzüge fahren ja stündlich, und der um zehn vor Fünf war schon mit einer Stunde Verspätung gemeldet! Meiner, eine Stunde später, hatte da noch fünf Minuten auf der Anzeige. Dabei sollte es aber nicht bleiben. Die Tafel änderte sich bald, da waren es schon 35 Minuten! Dabei wurde der Zug in Basel eingesetzt, das war eben ein Bahnhof vor Freiburg. Dazwischen hält der nicht! Ein paar Durchsagen später kristallisierte sich dann die Wahrheit heraus. Südlich von Freiburg war das elektronische Stellwerk verreckt, und ausserdem hielt eine Großbaustelle bei Müllheim den Betrieb auf. Ob da Nomen Omen ist?

Das kaputte Stellwerk mag vorkommen, die Baustelle aber gibt es mindestens seit Monaten. Wie lange wird schon an der Rheintalbahn gebaut? Seit mindestens … Jahren! Das und die Folgen dessen kommt also kaum überraschend. In der Summe wurden es in Freiburg 60 Minuten Verspätung, also eine geschlagene Stunde, die sich zudem noch bis Mannheim auf 73 Minuten erweiterte. Man hatte es unterwegs nämlich garnicht eilig und wartete in Karlsruhe erst mal gemütlich auf „verspätete Anschlussreisende“!

In Mannheim ging das so weiter – zum Glück! Der RE70 kam nämlich ebenfalls mit 20 Minuten Verspätung an, zu der Zeit sollte der eigentlich abfahren. Da ist es fast schon gut dass die Riedbahn immer noch nicht ausgebaut ist, denn die S7 in Goddelau musste so warten bis der Eilzug durch war. Die wäre sonst weg gewesen, und das inzwischen mitten in der Nacht.

Wer also mit der Bahn reist tut gewiss was für die Umwelt, muss aber auch mit allen Eventualitäten rechnen. Fahrpläne sind blanke Absichtserklärungen, und wer sich darauf verlässt ist oft verlassen. Reisen auf Termin mit der Bahn war gestern!

Jetzt werde ich dann erst mal ein gewisses Formular ausfüllen, denn nach diesem Horrortrip gibt es wohl etwas Geld zurück.