Multimediale

Herbstzeit – Messezeit. Man muss nicht bis Köln zur Photokina fahren um die Neuheiten des Fotomarktes sehen zu können. Dazu eignen sich diverse Hausmessen der örtlichen Händler genauso gut. So wie gerade eben am Wochenende die Multimediale im Darmstadtium oder am Wochenende zuvor das Oktoberfest von Calumetphoto in Frankfurt. Ein Fazit.

Wer da glaubt dieser Artikel habe mit Sport nichts zu tun sieht verschiedene Dinge zu oberflächlich. Näher betrachtet haben die Kamerahersteller nur neue Ansätze zu alten Fragen gewählt. Waren es schon früher vor allem die Sportfotografen, die stets das Neueste wollten, so machte sich doch in der jüngeren Vergangenheit eine gewisse Marktsättigung bemerkbar.

Die einstigen Platzhirsche – Canon und Nikon – haben Konkurrenz bekommen, und zwar aus einer Ecke, aus der man das bislang eher weniger erwartet hätte, nämlich von Sony.

Dort hat man gerade zwei neue Flaggschiffe vom Stapel gelassen, einmal die Alpha 9 Mark II, zum anderen die Alpha 7 R IV, ein 61-Megapixel-Bolide, der weitaus mehr kann als nur große Dateien zu produzieren. Bei Bedarf sind damit Aufnahmen bis zu 240 Megapixel möglich, wenn auch bislang nur vom Stativ und statisch. Jedes dieser Bilder wird dann zum Schluss rund 2 Gigabyte groß, also Obacht mit der Speicherkarte. Das Stichwort heisst Pixelshift. Da werden dann statt einer eben 4 oder 16 Aufnahmen gemacht und am Rechner verknüpft. Die Technik ist nicht neu und war bislang eine Domäne von Panasonic. In den Lumix-Kameras kam das bislang schon zum Einsatz. Da schnappen andere ganz schön nach Luft, und weder Canon mit der EOS R noch Nikon mit der Z6 haben wirklich Mittel dagegen, auch weil dort bislang die Objektive fehlen, die aber das Salz in der Suppe sind. Adapter sind gut und schön, aber wenn die Optik den Body größenmäßig zum Zubehör macht stimmt was nicht in den Proportionen. So ist Sony geradezu im Begriff, sich zum neuen Marktführer aufzuschwingen.

Vorbei die Zeiten, in denen solide Kameras auch gleichzeitig schwer und extrem teuer waren, vorbei die Zeiten als an DSLR kein Weg vorbei führte. Heute ist das Kürzel DSLM der neue Standard. Es dürfte nicht mehr lange dauern bis die spiegellosen Systemkameras, wie man sie nennt, den Markt dominieren werden. Rund ein Drittel leichter als die bisherige Technik sind sie, wenn auch nicht ganz ohne Haken und Ösen, denn es muss klar sein dass ein dauernd in Betrieb befindlicher Monitor – die Sucher werden elektrisch – eben auch Strom frisst. Der Hauptvorteil vieler dieser Modelle ist aber, dass man in seiner Tasche Platz spart. Man braucht nicht länger zwei Systeme oder muss sich entscheiden, ob man fotografieren oder filmen will, das geht jetzt alles mit einer Kamera.

Alles Gute kommt wieder, hiess es bislang in der Modebranche, und wer am Stand von Ilford vorbeikam kann bemerkt haben, dass das auch für die Fotografie gilt. Wer dachte, das analoge Labor sei tot merkt inzwischen, dass Unkraut einfach nicht vergeht. Es gibt wieder Papier und Chemie, fast so wie in alten Tagen, als der Vergrößerer im Keller bei allen ernsthaften Fotografen Pflicht war. Da passt auch die Klage eines Profifotografen hin, ihm gingen allmählich alle seinen alten Dias kaputt. Das Großlabor lässt grüßen?

Nun, da wird dein Labor bei der Entwicklung gepfuscht haben, denn auch hier gilt die alte Regel: Wässern ist alles! Es geht nach wie vor nichts über grundsolide Handarbeit! Selber machen war damals die Devise, und das ist sie auch heute noch. Wer sich damit beschäftigte konnte damals in rund einer dreiviertel Stunde seinen Diafilm im E6-Prozess auch in der heimischen Küche fachgerecht entwickeln. Derzeit geht das leider nicht, weil man keine amateurgerecht abgepackte Chemie mehr bekommt. Im Handel sind derzeit nur Großpackungen für Fachlabore, will heissen man bekommt den Inhalt einer Badewanne. Aber es gibt Hoffnung.

Die seinerzeit angegebenen drei Minuten wässern waren schon damals abenteuerlich, wenn man bedenkt dass Fotopapier nicht unter einer halben Stunde fliessend ausgewässert ist und im Material verbliebene Chemie natürlich weiterwirkt. Ein Frevel ist es im Sinn der Grünen, denn Chemie ist dafür unumgänglich, der Wasserverbrauch ist enorm, und manche haben schon damals nicht kapiert dass man eine 1:9 verdünnte Lösung nach Gebrauch nicht mehr ins Originalfläschchen bekommt! Es stellt sich bei aller Euphorie immer noch die alte Frage, wie verbrauchte Chemikalien umweltgerecht entsorgt werden können. Die Politik blieb schon immer Antworten auf diese Frage schuldig.

Das gilt im übertragenen Sinn aber auch für die Festplatten, die mit dem Platzbedarf der Dateien Schritt halten müssen, und die in der Herstellung bekanntermaßen eben auch nicht gerade ressourcenschonend sind. Zwar werden auch die auf ihre Kapazität bezogen immer billiger, aber wem hilft das? Das Megapixel-Rennen ist noch lange nicht im Ziel, auch wenn die Sensoren nicht weiter so wachsen wie das eine gewissen Zeit lang mal der Fall war. Kameras mit 24 Megapixeln gelten heute als Standard, und es braucht wie gesehen keine fünfstelligen Investitionen mehr falls man mal mehr als 50 Megapixel braucht. Der Wahnsinn dabei ist, dass für eine übliche Aufnahme zu Erinnerungszwecken oder für Facebook 2-8 Megapixel durchaus ausreichend wäre, nur wer glaubt das heute wenn er die Werbung der Hersteller gelesen hat?

Höher, schneller, weiter. Es kommt irgendwie bekannt vor!

Das größte Problem der Branche ist ihre Logistik! Die Hersteller sind aktuell garnicht in der Lage, ihre Kameras so schnell zu bauen wie diese der Handel absetzt. Die gefragteren Modelle sind oft auf Monate hinaus ausverkauft und haben Lieferzeiten wie ehedem Porsche bei seinem 911.

Bei Interesse, die nächste Auflage der Multimediale startet im kommenden Jahr am 24. und 25. Oktober wieder mit vielen interessanten Vorträgen.